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Tierrechtsforum:
Tierwürde

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Tierwürde

Autor: 3D-Lolli | Datum:
Haben Menschen eine Würde? Dies sei mal dahingestellt! Und Tyre?

Re: Tierwürde

Autor: martin | Datum:
Der Begriff "Würde" ist zu einem theistisch-theologischen Kampfbegriff verkommen, mit dem sie - da sie keine ordentlichen Argumente haben - ihre Wissenschaftsfeindlichkeit (u.a.) zu rechtfertigen versuchen. Z.B. die Ablehnung von Experimenten mit menschlichen Stammzellen (stattdessen werden solche von Affen genommen, nur dass die Affen im Gegensatz zu den Menschen dafür umgebracht werden). Da Menschen durch Menschenrechte, die den Würdebegriff nicht brauchen, ausreichend geschützt sind, kann man sich davon verabschieden.

Für nichtmenschliche Tiere gilt analog, dass auch sie keine "Würde", sondern (natürliche) Rechte brauchen.

Die Würde des Tieres ist antastbar, solange es kein Mensch ist

Autor: martin | Datum:
Zitat: Die Würde des Menschen ist antastbar

In fast allen bioethischen Debatten wird auf die Unantastbarkeit der Menschenwürde verwiesen. Ein genauerer Blick zeigt, dass der Begriff viel zu beliebig verwendet werden kann. Am besten sollte man sich überhaupt nicht auf ihn berufen, argumentiert Edgar Dahl.

Ob das Klonen von Lebewesen, die Erzeugung genetischer Chimären oder neuerdings gar das so genannte Neurodoping (die Verstärkung von Hirnleistungen per Pille) - nahezu alle neuen biomedizinischen Technologien werden zumeist mit dem Hinweis auf die "Menschenwürde" abgelehnt. Der Appell an die vermeintlich unantastbare Würde des Menschen ist inzwischen so inflationär geworden, dass es höchste Zeit wird, ihn etwas genauer zu betrachten.

[...]

Nach christlicher Vorstellung beruht die Würde des Menschen auf seiner Rolle als "Ebenbild Gottes": Im Unterschied zu allen anderen Wesen habe der Schöpfer nur ihn nach seinem Bild geformt.

Spätestens seit der Veröffentlichung von Charles Darwins "Die Entstehung der Arten" hat diese Begründung der Menschenwürde erheblich an Glaubwürdigkeit eingebüßt. Doch auch ohne religionskritische Argumente zu bemühen, dürfte es offenkundig sein, dass eine explizit christliche Begründung der Menschenwürde für eine säkulare und pluralistische Gesellschaft wie der unseren denkbar ungeeignet ist.

Bereits der deutsche Idealismus hatte daher versucht, die Menschenwürde ohne Rückgriff auf eine Religion zu begründen. Statt der christlichen Gottesebenbildlichkeit rückte er die so genannte Vernunftnatur des Menschen in den Blick. So heißt es beispielsweise bei Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770 - 1831): "Der Mensch, da er Geist ist, darf und soll sich selbst des Höchsten würdig achten; von der Größe und Macht seines Geistes kann er nicht groß genug denken."

Hegels Zeitgenosse Johann Gottlieb Fichte (1762 - 1814) zeigte sich ähnlich betört vom Mirakel der menschlichen Vernunft und stellte die rhetorische Frage: "Sollte der Mensch nicht eine heilige Ehrfurcht vor sich selbst tragen, und schaudern und erbeben vor seiner eigenen Majestät?" Wir müssen den Menschen mit Michel de Montaigne (1533 - 1592) nicht unbedingt als "das unglückseligste und gebrechlichste aller Geschöpfe" betrachten, um ihm darin Recht zu geben, dass "die Anmaßung unsere natürliche Erbkrankheit" ist. Es sei, wie der Politiker und Philosoph in seinen "Essais" notiert, offenbar wohl in der Tat ein Ausdruck "des Hochmuts des Menschen, dass er sich dem Schöpfer gleichstellt, sich göttliche Eigenschaften beimisst und sich vom großen Haufen der übrigen Kreatur auserlesen dünkt".

Anders als der deutsche Idealismus betrachtet der moderne Naturalismus den Menschen denn auch als ein bloßes Tier unter Tieren, dessen geistige Fähigkeiten sich von denen anderer Lebewesen nicht prinzipiell, sondern höchstens graduell unterscheiden. Statt der Unvergleichlichkeit der Vernunft ist es heute eher die Fehlbarkeit der Vernunft, die ins Auge sticht. Sicher ist es eine bemerkenswerte Fähigkeit, zu wissen, dass wir nichts wissen. Doch ließe sich daraus kaum die vermeintlich unantastbare Würde aller Menschen ableiten.

Der bedeutendste und einflussreichste Advokat der Menschenwürde war zweifellos Immanuel Kant (1724 - 1804). Nach Ansicht des Königsberger Philosophen beruht die Würde des Menschen auf dessen "sittlicher Autonomie". Anders als alle anderen Lebewesen vermag sich der Mensch nämlich über seine natürlichen Triebe zu erheben und von moralischen Normen leiten zu lassen. [...] Sie erlegt dem Menschen laut Kant die Pflicht auf, die Würde, "die ihn vor allen Geschöpfen auszeichnet, auch in seiner eigenen Person niemals zu beleidigen".

[...]

Insbesondere die Homosexualität ist nach Kant ein verabscheuungswürdiges Verbrechen, "da sie die Menschheit unter die Tierheit" erniedrige und "den Menschen der Menschheit unwürdig" mache.

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Dies bringt mich zu meinem Hauptargument. Offenbar können wir jede Verletzung der Menschenwürde genauso gut, ja sogar noch weit besser, als eine Verletzung eines Menschenrechts beschreiben. Wenn dem so ist, dann wird aber der Verweis auf die Würde des Menschen nicht nur inhaltsleer, sondern geradezu überflüssig. Wozu sollen wir beispielsweise eine Geiselnahme als Würdeverletzung bezeichnen, wenn wir sie viel präziser als eine Beeinträchtigung des Rechts auf persönliche Freiheit fassen können? Und warum sollen wir eine Vergewaltigung als Würdeverletzung bezeichnen, wenn wir sie viel konkreter als eine Beschädigung des Rechts auf körperliche Unversehrtheit brandmarken können? Kurzum: Solange sich keine Verletzung der Menschenwürde findet, die nicht zugleich auch einen Verstoß gegen ein Menschenrecht darstellt, ist der Begriff der Menschenwürde schlicht und einfach redundant.

[...]

In der bioethischen Diskussion, und darum geht es mir hier, hat der Begriff der Menschenwürde jedoch nichts verloren. Hier dient er fast ausnahmslos als ideologische Waffe, mit der man seine Gegner mundtot machen will. In Ermangelung eines Arguments zieht man das Schlagwort der Menschenwürde aus dem Ärmel, um die Diskussion zu beenden. Wer will schließlich auch weiterdiskutieren, sobald eine biomedizinische Technologie einmal als eine grobe Verletzung der Menschenwürde entlarvt worden ist?

[...]

(http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,685376,00.html)

Wir lernen: Die Würde-Diskussion ist nicht nur geprägt, sondern tiefgreifend durchsetzt von: Theismus, Anthropozentrismus und Speziesismus, Homophobie und Wissenschaftsfeindlichkeit.

Auch wenn es in der Speziesismus-Diskussion eine kleinere Rolle spielt, sind auch hier (besonders Theisten) schnell dem Würde-Argument zur Hand, um eine ähnliche Berücksichtigung von Menschen und anderen Tieren mit mit dem Verweis auf die "Würde" des Menschen zurückzuweisen.

Noch deutlicher gilt dieses Schlagwort, wenn die KZ-Analogie oder ähnliche, da praktisch immer auf Menschen bezogene, Analogien abgelehnt werden. Müsste sich die Speziesisten auf die biologisch faktisch bestehende Vergleichbarkeit bestimmten Parallelen einlassen, könnten sie diese nicht ohne Geschichts- oder Gegenwartsverfälschung zurückweisen. Einen Ausweg haben sie dennoch: "In Ermangelung eines Arguments zieht man das Schlagwort der Menschenwürde aus dem Ärmel, um die Diskussion zu beenden."

Re: Tierwürde

Autor: LilaLinda | Datum:
Wenn Menschen eine Würde haben, haben Tiere sie ebenso.
Denn sie fühlen genauso wie wir.
Alles andere ist Diskussionsmaterial, wie ansich auch deine Frage, die für einen wirklich fühlenden und denkenden Menschen aber meiner Ansicht nach keine sein sollte, über das sich die Menschen schon seit Ewigkeiten den Kopf zerbrechen.

Re: Tierwürde

Autor: Achim Stößer | Datum:
> Wenn Menschen eine Würde haben, haben Tiere sie ebenso.

Das ist so sinnvoll wie "Wenn Ziegen Hörner haben, haben Menchen sie ebenso."

> Denn sie fühlen genauso wie wir.

Du fühlst nichtmal wie ich.

Achim

Re: Tierwürde

Autor: Urs | Datum:
Würde ist Definitionssache. Laut Leonard Nelson hat jedes Wesen eine Würde, das über Interessen verfügt. Diese Wesen nennt er Personen. Es folgt hieraus das Prinzip der persönlichen Würde und die abgeleitete Pflicht: Achte die persönliche Würde anderer.

Diesen Würdebegriff kann ich gänzlich unterstützen, aber wie Martin bereits geschrieben hat, ist es mehr als fragwürdig, ob man auf solch vorbelastete Begriffe wie Würde zurückgreifen sollte, wenn es auch problemlos anders geht.