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Genetische Disposition für Federpicken und Depression bei Hühnern

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Genetische Disposition für Federpicken und Depression bei Hühnern

Autor: Achim Stößer | Datum:
Federpicken bis hin zu teils tödlichem Kannibalismus soll auch genetische Ursachen haben, meinen Tierausbeutungsexperten der Technischen Universität München.

"Auch bei artgerechter Hühnerhaltung zeigen manche Hennen Verhaltensauffälligkeiten", plappert die Süddeutsche nach - statt einmal einen Blick auf diese "artgerechte Hühnerhaltung" zu werfen, der unmittelbar zeigt, daß, genetische Disposition hin oder her, Gefangenhaltung von Hühnern zur "Eierproduktion" - selbst wenn man das Recht auf Leben und Freiheit außen vor läßt - ganz offensichtlich in jeder Form mit massiven Leiden verbunden ist.

Daran ändert sich auch nichts, wenn der "Industriepartner des Projekts, ein weltweit führender Hühnerzüchter, [der] die Ergebnisse bereits zum Patent angemeldet [hat,] mit dem Wissen gezielt Linien entwickel[t], die nicht zum Federpicken neigen - und sich deshalb besonders gut für eine tiergerechte[sic!] Haltung eignen."

Auch wenn die Gene eine gewisse Rolle spielen, wird das Verhalten dennoch ausgelöst durch die Gefangenhaltung, ob nun die "artgerecht" genannte oder nicht.

Der Grund des Federpickens

Autor: Achim Stößer | Datum:
24.12.2008

Auch mit dem Käfigverbot ist es mit dem Stress der Legehennen nicht vorbei, zumindest bei genetisch vorbelasteten Tieren: Auch bei artgerechter Hühnerhaltung zeigen manche Hennen Verhaltensauffälligkeiten. Sie neigen zum sogenannten Federpicken. Dabei rupfen sie anderen Hennen Federn aus, in Extremfällen töten sich die Tiere gegenseitig. Forscher der TU München in Weihenstephan fanden nun zwei Gene, die offenbar damit in Zusammenhang stehen und von denen laut TU eines bei den Tieren auch mit dem Entstehen von Depressionen in Verbindung gebracht wird. math

http://www.sueddeutsche.de/250385/792/2691609/Der-Grund-des-Federpickens.html

Gestresste Legehennen: TUM-Forscher klären genetische Grundlagen von Hühner-Verh

Autor: Achim Stößer | Datum:
Gestresste Legehennen: TUM-Forscher klären genetische Grundlagen von Hühner-Verhaltensauffälligkeiten

Dr. Ulrich Marsch, Zentrale Presse & Kommunikation
Technische Universität München
19.12.2008


Eine artgerechte Hühnerhaltung zeichnet sich unter anderem durch Scharr-Möglichkeiten aus.
(Foto: Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft / Stefan Thurner)



Jedes Huhn hat eine eigene Persönlichkeit - Nahaufnahme von Legehennen in artgerechter Hühnerhaltung
(Foto: Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft / Stefan Thurner)



Federpicken ist bei Legehennen in artgerechter Gruppenhaltung nicht selten: Die Tiere rupfen sie sich gegenseitig die Federn aus, teilweise führt diese Verhaltensauffälligkeit bis zu Kannibalismus und Tod im Hühnerstall. Dagegen half bis jetzt nur das vorbeugende Stutzen der Schnäbel. Nun haben Forscher der Technischen Universität München (TUM) herausgefunden, weshalb bestimmte Hühner stärker zum Federpicken neigen als andere. Mit dieser Erkenntnis könnte man in Zukunft Qualen bei den Legehennen vermeiden.
Der von Verhaltensforschern wie Tierschützern geforderte Ausstieg aus der Hühner-Käfighaltung wird endlich Realität: Zum 1. Januar 2009 tritt das Käfigverbot endgültig in Kraft. Somit müssen in Deutschland die letzten Legebatterien schließen und die Eierproduzenten auf artgerechte Hühnerhaltung umstellen. Hier dürfen Legehennen in Gruppen leben, angeborenes Verhalten wie Scharren und Übernachten auf Sitzstangen pflegen und ihre Eier ungestört in Nestern ablegen. Was für das Tier an für sich optimal ist, hat jedoch einen gravierenden Nachteil: Ausgerechnet in dieser tierfreundlichen Haltung kann das so genannte "Federpicken" auftreten.

Bei dieser Verhaltensauffälligkeit rupfen sich Hühner gegenseitig Schwanz- oder Körperfedern aus - zum Teil so lange, bis ein Tier kaum noch ein Federkleid hat. Im Extremfall picken sich verhaltensauffällige Legehennen sogar gegenseitig tot. Warum, darüber konnten Forscher bisher nur spekulieren. Prof. Ruedi Fries vom Lehrstuhl für Tierzucht am Wissenschaftszentrum Weihenstephan der TUM hat jetzt mit seinem Team Licht ins Dunkel gebracht - mithilfe eines verhaltensbiologischen Experiments und anschließender Gen-Sequenzierung.

Federpicken wird von einigen Verhaltensforschern als Aspekt des Erkundungsverhaltens gedeutet. Durch Verhaltensbeobachtung an frisch geschlüpften Küken zeigten die TUM-Forscher zunächst, dass es dabei unterschiedliche "Hühner-Persönlichkeiten" gibt: Die Küken einer Linie, die weiße Eier legt, erkundeten im Experiment ihre Umgebung neugierig. Als Legehennen pickten sie sich später nur selten und zart. Die Tiere einer Vergleichslinie, die braune Eier legt, blieben als Küken viel enger zusammengekuschelt. Im Erwachsenenalter zeigen Sie dafür aber ausgeprägtes Federpicken.

Bei der Suche nach dem Grund kam Ruedi Fries der Zufall zur Hilfe: "Ich habe einen Zeitungsartikel gelesen, in dem es um die Persönlichkeit von Blau- und Kohlmeisen ging. Bei ihnen die Variation eines Gens namens DRD4 für ein unterschiedliches Neugier-Level verantwortlich." Fries folgerte: Wenn Erkundungsverhalten mit dem Federpicken zu tun hat, könnte auch bei Hühnern das DRD4 dahinter stecken. Um das zu untersuchen, wählten die Forscher insgesamt fünf Hühnerlinien aus: Je zwei Zuchtlinien aus der kommerziellen Hühnerzucht und aus einem Zuchtexperiment, bei dem auf starkes und seltenes Federpicken selektiert wurde, sowie eine Kontrollgruppe.

Fries' Team prüfte per Gen-Sequenzierung insgesamt 141 Erbgut-Proben der verschiedenen Zuchtlinien auf Unterschiede und Gemeinsamkeiten. Im Fokus standen das "verdächtigte" Gen DRD4, das das Erkundungsverhalten von Meisen mitbestimmt, sowie zusätzlich das benachbarte DEAF1. Dieses Gen wird mit der Entstehung von Depressionen in Verbindung gebracht. Die Forscher wurden doppelt fündig: Sie entdeckten bei beiden Genen einen signifikanten Zusammenhang zwischen der Gen-Variante und dem Hang zum Federpicken, und zwar sowohl in den kommerziellen Hühnerrassen als auch in den anderen.

Die Gen-Varianten scheinen also die Befindlichkeit des Huhns maßgeblich zu bestimmen. Hennen, die zum Federpicken neigen, sind offenbar aufgrund ihrer genetischen Ausstattung latent depressiv und schnell gestresst. "Das müssen weitere Studien jetzt noch bestätigen", so TUM-Genetiker Ruedi Fries. Der Industriepartner des Projekts, ein weltweit führender Hühnerzüchter, hat die Ergebnisse bereits zum Patent angemeldet: Er möchte mit dem Wissen gezielt Linien entwickeln, die nicht zum Federpicken neigen - und sich deshalb besonders gut für eine tiergerechte Haltung eignen.

"Die Ergebnisse sind aber noch aus einem zweiten Grund sehr interessant" so Prof. Fries. "Die genetische Verhaltens-Forschung bei Vögeln kann auch die Erforschung psychischer Erkrankungen befruchten." Vielleicht werden uns Hühner also helfen, in einigen Jahren etwa Depressionen beim Menschen besser zu verstehen - und irgendwann auch effektiver zu behandeln.

Kontakt:
Technische Universität München
Wissenschaftszentrum Weihenstephan
Lehrstuhl für Tierzucht
Prof. Dr. Ruedi Fries
Telefon: 08161 / 71 - 3228
Fax: 08161 / 71 - 3107
Email: Ruedi.Fries@tum.de

Publikation:
K. Flisikowski, H. Schwarzenbacher, M. Wysocki, S. Weigend, R. Preisinger, J. B. Kjaer, R. Fries (2008): Variation in neighbouring genes of the dopaminergic and serotonergic systems affect feather pecking behaviour of laying hens. Animal Genetics (in press).
Online-Vorabveröffentlichung unter http://www3.interscience.wiley.com/journal/121578021/abstract
Der Originalartikel kann bei Bedarf als pdf-Dokument angefordert werden.

Hintergrund:
Das Forschungsprojekt entstand in enger Zusammenarbeit mit den Instituten für Nutztiergenetik (Mariensee) sowie für Tierschutz und Tierhaltung (Celle) der Bundesforschungsanstalt für Tiergesundheit (Friedrich Löffler Institut). Es wurde teilfinanziert von der Lohmann Tierzucht GmbH aus Cuxhaven, die bezüglich der Ergebnisse schon einen Patentantrag gestellt hat.

http://www.idw-online.de/pages/de/news294771

Enge auch ohne Käfig

Autor: Achim Stößer | Datum:
12.01.2009

Ende der Käfighaltung bei Hühnern beflügelt Züchter

Von Walter Schmidt

Seit Jahresbeginn ist die bisher übliche Käfighaltung für Legehennen in Deutschland verboten. Ein Ende der drängenden Enge ist das noch nicht. Und da gibt es ein Problem: Viele Hennen rupfen einander die Federn aus und picken einander wund. Das scheint genetisch bedingt zu sein.

Lange haben Tierschützer und Verhaltensforscher dafür gekämpft; nun ist es soweit: Wer Legehennen bisher in Käfigen, so genannten Legebatterien, gehalten hat, muss die Vögel daraus befreien und ab dem 1. Januar 2009 alternativ halten – bestenfalls im Freiland, zumindest aber auf dem Boden oder in Volieren (größeren Käfigen mit mehreren Tieren).

Doch was das kurze Leben der Tiere etwas erträglicher machen soll, hat einen gewaltigen Haken. Durch die größere Bewegungsfreiheit können manche Hennen einen Drang ausleben, den bisher die Gitter behinderten: Sie rupfen anderen die Federn aus, picken andere Hühner wund bis aufs Blut. »Die Opfer können am Ende regelrecht ausgeweidet werden, selbst wenn sie noch leben. Das ist grausam«, sagt Ruedi Fries, Professor für Tierzucht an der Technischen Universität München (TUM). Warum das so genannte Federpicken bei manchen Hennen – aber längst nicht bei allen – auftritt, darüber konnten Forscher bisher nur spekulieren. Fries betont, dass diese Verhaltensanomalie bei Wildhühnern nicht vorkommt.

Eine Lösung für das Problem hat Fries nun allem Anschein nach selber gefunden. Als sein Team und er das Verhalten frisch geschlüpfter Küken untersuchten, fanden sie heraus, dass es aufgrund genetischer Besonderheiten so etwas wie verschiedene Hühner-Persönlichkeiten gibt. Die Küken einer Zuchtlinie, die weiße Eier legt, erkundeten im Experiment ihre Umgebung neugierig, pickten als ausgewachsene Legehennen einander aber nur selten. Anders die Küken einer Vergleichslinie, die braune Eier legt: Sie blieben zu Anfang viel enger zusammengekuschelt als die jungen Weißleger und zeigten als ausgewachsene Tiere ausgeprägtes Federpicken.

Bei der Suche nach der Ursache dafür kam Fries der Zufall zu Hilfe: Er hatte in einem Zeitungsartikel über Verhaltensunterschiede von Blau- und Kohlmeisen den Hinweis auf eine spezielle Gen-Variante namens DRD4 gefunden. Vögel mit DRD4 erkunden ihre Umwelt deutlich neugieriger als solche, die nicht über diese Gen-Variante verfügen. Könnte es sein, so fragte sich der Münchner Professor, dass DRD4 auch das Verhalten von Legehennen mitsteuert? Um das zu herauszufinden, wählten die TUM-Wissenschaftler insgesamt fünf Hühnerlinien aus: zwei kommerzielle Zuchtlinien und zwei aus einem Zuchtexperiment, bei dem Hennen auf starkes und seltenes Federpicken hin selektiert wurden, sowie eine unselektierte Kontrollgruppe. Insgesamt prüften die Forscher 141 Erbgut-Proben der verschiedenen Zuchtlinien – und wurden gleich doppelt fündig. Denn nicht nur bestätigte sich der Verdacht, dass ein Fehlen der DRD4-Variante den Hang zum neurotischen Federpicken verstärkt. Auch eine weitere, charakterbestimmende Gen-Variante ließ sich klar häufiger bei den Federpickern nachweisen als in der Kontrollgruppe. Beim Menschen begünstige diese zweite Gen-Spielart das Auftreten von Depressionen, berichtet Fries. Hennen, die zum Federpicken neigen, »können Stress nicht so gut ertragen«, ist das vorläufige Fazit des Forschers. Anders gehen verhaltensnormale Artgenossen mit Stress um – »zum Beispiel indem sie sich bewegen und den Auslauf aufsuchen«, sagt Fries.

Für Ruedi Fries sind die bisherigen Forschungsresultate aber noch aus einem zweiten Grund sehr interessant. Er erhofft sich auch Erkenntnisse zum besseren Verständnis von Depressionen beim Menschen.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/141987.enge-auch-ohne-kaefig.html