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Ethik ist Terrorismus

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Ethik ist Terrorismus

Autor: Achim Stößer | Datum:
Kollateralschaden durch den Rahmen, den die Kommission der Europäischen Union den Mitgliedsstaaten unter dem Eindruck des 11. September gab: die dänische Antiterrorgesetzgebung erschlägt zivilen Ungehorsam, ethisches Handeln, gleich mit. Und auch Bush will aktuell die "Antiterrorgesetze" ausweiten, den "Patriot Act" zementieren. Ist es ein Wunder, daß es verbrecherische Regierungen ebenso wie in Blut watende Lobbyisten - manche würden sie die eigentlichen Terroristen nennen - stört, wenn ethisch denkende und handelnden Menschen ihnen ins Handwerk pfuschen? NGOs werden geknebelt. Umwelt, Menschen- und andere Tierrechte bleiben (und hier paßt die Jägerterminologie wie die Panzerfaust aufs Auge) auf der Strecke.

Plakatieren ist Terror

Autor: Achim Stößer | Datum:
Erstmals wurde mit Greenpeace in Dänemark eine Organisation nach dem Antiterror-Paragrafen verurteilt

KOPENHAGEN taz Es wurde ein teures Plakat, mit dem Greenpeace-AktivistInnen im Herbst 2003 an der Fassade des dänischen Bauernverbands gegen genverändertes Schweinefleisch protestierten. 4.000 Euro Geldstrafe wegen Hausfriedensverletzung verhängte am Freitag ein Kopenhagener Gericht. Was dieses Urteil speziell macht: Nicht nur die 15 AktivistInnen wurden verurteilt, sondern auch Greenpeace Nord - nach dem Antiterror-Paragrafen, den das dänische Parlament nach dem 11. September 2001 ins Strafgesetzbuch schrieb. Danach haften Organisationen für Aktionen, die Personen ausführen, die ihnen zugerechnet werden können.

Waren bis dahin solche Organisationen nur für schwerere Tatbestände strafrechtlich verantwortlich, wurde diese Beschränkung damals aufgehoben. Wovor Juristen bei Verschärfung des Paragrafen 306 warnten, ist nun eingetreten: Die geänderte Vorschrift trifft alle Organisationen, deren Meinungsbildung sich nicht auf das Verteilen von Flugblättern beschränkt.

Greenpeace-Rechtsanwalt Stehen Bech: "Es ist ein Unding, dass die Terrorgesetzgebung Organisationen trifft, die mit friedlichen Mitteln arbeiten." Greenpeace hatte eine Geldstrafe für jeden der 15 AktivistInnen in Höhe von 1.500 Kronen akzeptiert, wandte sich aber gegen die Verurteilung als Organisation. Doch die zuständige Richterin machte klar, dass das Gesetz keine Unterscheidung danach mache, um welche Art von Organisation es sich handelt - und welche Ziele diese vertritt. Das Verfahren in Kopenhagen war von Gewerkschaften und verschiedenen NGOs aufmerksam verfolgt worden. Diese müssen nach dem jetzigen Urteil damit rechnen, für die Aktionen aller Mitglieder und SympathisantInnen verantwortlich gemacht zu werden. Ein weiteres Verfahren zum umstrittenen Paragrafen 306 ist bereits anhängig. Die Radiostation The Voice ist angeklagt, weil Studiogäste in einer Sendung sich über die Möglichkeit unterhielten, mit dem Werfen von Kuchenstückchen seinen Unmut über PolitikerInnen zum Ausdruck zu bringen. Ein Hörer war dieser Anregung nachgekommen.

REINHARD WOLFF
meinung und diskussion SEITE 11
taz Nr. 7688 vom 13.6.2005, Seite 8, 73 TAZ-Bericht REINHARD WOLFF
http://www.taz.de/pt/2005/06/13/a0195.nf/textdruck

Der Feind lauert überall

Autor: Achim Stößer | Datum:
DÄNISCHE TERRORGESETZE TREFFEN GREENPEACE UND AL-QAIDA

Ein paar tausend Euro. Das ist die übliche Rechnung, die UmweltaktivistInnen bezahlen müssen, wenn sie eine fremde Fassadenwand mit einem Transparent "verletzt" haben oder mit einer Ladung toter Fische auf dem Bürgersteig protestieren. Eine Rechnung, die stillschweigend die Organisation, die hinter der Aktion steht, zu bezahlen pflegt. Es wurde also mit dem Aufsehen erregenden dänischen Richterspruch nicht teurer als sonst. Neu ist, dass Organisationen wie jetzt Greenpeace offenbar auf der Grundlage von Antiterrorgesetzen verurteilt werden können. Was heute Greenpeace trifft, trifft morgen vielleicht Gewerkschaften und Tierschutzorganisationen.

Die Gesetze sollten es leichter machen, Organisationen für die Terrortaten ihrer Anhänger in Mithaftung zu nehmen. Al-Qaida, Reclaim the Street und militante Vegetarier - alle in einen Topf. Aus juristischer Sicht ist die fehlende Differenzierung nicht nötig - so grobkörnig ist das Instrumentarium der Gesetzgeber nicht. Im Gegenteil. Sie könnten haarfein die Grenze zwischen einer Terrortat und einer Sabotageaktion, wenn etwa ein Antikriegsaktivist ein Kampfflugzeug mit seinem Hammer verbeult, ziehen. Doch diese Mühe machte sich nicht nur die dänische Regierung nicht. Der Rahmen, den die Kommission der Europäischen Union den Mitgliedsstaaten für deren Antiterrorgesetzgebung unter dem Eindruck des 11. September mit auf den Weg gab, zieht die Grenze ausdrücklich so großzügig, dass Akte zivilen Ungehorsams unter dem Terrorbegriff landen.

Ein Schelm, wer nichts Böses dabei denkt. Warum nicht neben al-Qaida auch gleich ein paar unbequeme Vereinigungen verfolgen? Die taz, die in den Achtzigerjahren für "Waffen für El Salvador" sammelte; Gewerkschaften, die Geld zum Kampf gegen das Apartheidregime nach Südafrika schmuggelten: sie wären mit einiger Sicherheit heute ein Fall für den Staatsanwalt. Beunruhigend ist, dass Brüssel die Freiheitsrechte offenbar weiter auszuhöhlen gedenkt. Der Vorschlag, in größerem Umfang elektronische Verbindungsdaten zu sammeln, ist das jüngste Beispiel. REINHARD WOLFF

taz Nr. 7688 vom 13.6.2005, Seite 11, 46 Kommentar REINHARD WOLFF

http://www.taz.de/pt/2005/06/13/a0230.nf/textdruck

Bush will Anti-Terror-Gesetze ausweiten

Autor: Achim Stößer | Datum:
Patriot Act vor Verlängerung

Bush will Anti-Terror-Gesetze ausweiten
Von Sebastian Hesse, MDR-Hörfunkstudio Washington

"Die wollen den Patriot Act dauerhaft machen!", warnen seit geraumer Zeit Fernsehspots von Bürgerrechtlern. In der Tat rückt der Termin näher, an dem Teile des umstrittenen Gesetzes auslaufen. 45 Tage nach dem 11. September 2001 - in Rekordzeit - hatte der Kongress die Polizeibefugnisse erheblich erweitert. Aber weil einigen Gesetzgebern mulmig war bei der Blitz-Verabschiedung des Patriot Act, wurden 16 besonders weitreichende Neuerungen zeitlich befristet. Die Ermittlungsbehörden preisen das Gesetz seither: So betont der neue Heimatschutz-Minister, Michael Chertoff, wie wichtig es sei, schnell an Informationen zu kommen. Der Patriot Act sei ein enorm wichtiger Bestandteil des Krieges gegen den Terrorismus, sagt er. Chertoff spricht den meisten Republikanern aus dem Herzen.

Und anstatt, wie bislang angenommen, noch einmal über Chancen und Risiken der auslaufenden, umstrittenen Passagen zu diskutieren, geht die Bush-Partei jetzt überraschend noch einen Schritt weiter: Senator Pat Roberts aus Kansas hat laut Medienberichten eine Novelle des Patriot Act angestoßen, die die Befugnisse der Ermittlungsbehörden sogar noch erweitert: Noch ist die Vorlage unter Verschluss - sie soll wohl kommende Woche im Geheimdienst-Ausschuss des Senats diskutiert werden.

Mehr Rechte für das FBI?

Aber es sickerte bereits durch, dass das FBI künftig Unterlagen und Akten eigenmächtig, ohne richterlichen Beschluss, beschlagnahmen können soll. Bürgerrechtlern wie Anthony Romero von der "American Civil Liberties Union" (ACLU) stehen die Haare zu Berge: "Das würde der Regierung unmittelbaren Zugang ermöglichen zu Krankenakten, persönlichen Unterlagen, Personalakten, Steuererklärungen, ohne dass Richter ihr auf die Finger gucken können." Romero befürchtet Missbrauch. Und hält es auch für einen unzureichenden Ausgleich, dass die Sicherheitsbehörden regelmäßig Rechenschaftsberichte vorlegen sollen. "Selbstauskunft kann richterliche Aufsicht nicht ersetzen", betont Romero.

Doch Präsident Bush hat stets klargestellt, dass er dem FBI, der CIA und den anderen Behörden alle Mittel zur Verfügung stellen will, die sie benötigen. Das sei unerlässlich um Terroristen aufzuhalten, bevor sie wieder zuschlagen können. Die Verlängerung und dauerhafte Etablierung des Patriot Act gehört zu den Prestige-Vorhaben von Bushs zweiter Amtszeit. Und seine Partei, die den Kongress kontrolliert, teilt seine Einschätzung, dass es sich dabei um die zentrale Aufgabe des 21. Jahrhunderts handelt.

http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID4358376_TYP6_THE_NAV_REF1_BAB,00.html

Leserbrief: "Kollateralschaden"

Autor: Achim Stößer | Datum:
betr.: "Dänische Terrorgesetze treffen Greenpeace und al-Quaida. Der Feind lauert überall", Kommentar von reinhard Wolff, taz vom 13.6.05

Kollateralschaden: Die dänische Antiterrorgesetzgebung erschlägt zivilen Ungehorsam, ethisches Handeln, gleich mit. Und auch Bush will aktuell die "Antiterrorgesetze" ausweiten, den "Patriot Act" zementieren. Ist es ein Wunder, dass es verbrecherische Regierungen ebenso wie in Blut watende Lobbyisten - manche würden sie die eigentlichen Terroristen nennen - stört, wenn ethisch denkende und handelnden Menschen ihnen ins Handwerk pfuschen? NGOs werden geknebelt. Umwelt, Menschen- und andere Tierrechte bleiben (und hier passt die Jägerterminologie wie die Panzerfaust aufs Auge) auf der Strecke.

ACHIM STÖSSER, Bad-Soden-Salmünster

die tageszeitung, 18./19. Juni 2005, S. 12