Mutter Teresa ist das AushĂ€ngeschild der christlichen NĂ€chstenliebe. Heute wĂ€re ihr 100. Geburtstag. Die Medien und die Christen haben seit Jahrzehnten ein nicht ganz uneigennĂŒtzig verklĂ€rtes Bild der "Heiligen", das Mem der aufopferungsvollen und selbstlosen Ordensschwester verbreitet. Dennoch gab es kritische Personen, die hinter die Fassade der Lobhudeleien geblickten. Hier eine kleine Zusammenstellung, was ans Licht kommt, wenn der Heiligenschein verblasst oder man sich nicht blenden lĂ€sst.
Der richtige Name der albanischen Nonne ist Agnes Gonxha Bojaxhiu. Sie grĂŒndete 1950 den Schwestern-Orden "Missionarinnen der NĂ€chstenliebe" nachdem sie die Einbildung hatte, Jesus habe mit ihr gesprochen. Die Einrichtung im indischen Kalkutta war und ist fĂŒr die Stadt von geringer Bedeutung. Der Medienmythos um Bojaxhiu wurde 1969 etabliert. Der britische Evangelist (spĂ€ter Katholik) Malcolm Muggridge dreht in diesem Jahr den Film "Something Beautiful for God". Der Raum, in dem gedreht werden sollte, war schlecht beleuchtet, dennoch waren die Filmaufnahmen wider Erwarten auĂergewöhnlich gut. Die ErklĂ€rung fĂŒr dieses "Wunder": "göttliches Licht". Der Kameramann erklĂ€rte hingegen, dass ein von Kodak neu entwickelter Film dieses Resultat brachte. Das sagte er offiziell erst 1994, inoffiziell jedoch schon 1969, nur wollte Muggridge davon nichts hören.
Das nĂ€chste Wunder der Nonne, das fĂŒr ihre Seligsprechung herangezogen wurde, war die "Wunderheilung" der Inderin Monica Besra. Hitchens merkt an: "Man beachte, dass Monica ein katholischer MĂ€dchenname ist, in Bengalen nicht besonders verbreitet, dass also die Patientin und sicher auch die Nonnen bereits Fans von Mutter Teresa waren." Ihr wurde ein Amulett auf den Bauch gelegt, das von Mutter Teresa gesegnet worden sei (andere Variante: es kam mit ihrer Leiche in Kontakt), wodurch ihre Krebs-Tumor verschwand. Der Leiter des örtlichen Krankenhauses sowie der behandelnde GynĂ€kologe, Dr. Ranjan Mustafi, sehen das anders: "Sie hatte eine mittelgroĂe Wucherung in ihrem Unterleib, die von Tuberkulose verursacht worden war. Die Medizin, die ihr gegeben wurde, reduzierte die zystische Masse, bis sie nach einem Jahr verschwand." Die Inderin bestĂ€tigte die Einnahme der Medizin, Ă€uĂerte sich ĂŒber die UmstĂ€nde der Wunderheilung jedoch kaum. Der Ehemann der Frau protestierte lange gegen die angebliche Wunderheilung und verwies darauf, dass eigentlich die Ărzte (bzw. die Medizin) sie geheilt hĂ€tten. Dann jedoch vollzog sich bei ihm ein plötzlicher Gesinnungswandel oder wie er es formulierte: "Es war [Mutter Teresas] Wunderheilung, die meiner Frau geholfen hat. Nun erhalten meine Kinder und ich mit Hilfe der Nonnen eine Ausbildung, und ich konnte es mir leisten, ein kleines StĂŒck Land zu kaufen. Alles hat sich zum Besseren gewandelt." Ein Schelm, wer hier an Bestechung denkt.
Jenseits der medialen VerklĂ€rung erfĂ€hrt man, dass in Mutter Teresas Sterbe-Hospiz nicht nur unnötig schlechte hygienische Bedingungen herrschten - so werden Nadeln nicht desinfiziert, wodurch es zu zusĂ€tzlichen Infektionen kommen kann (und sicher kam), die zusĂ€tzliches Leiden und vermeidbare TodesfĂ€lle verursachen können. Sondern auch, dass nicht unheilbaren Menschen medizinische Behandlung versagt wurde, nur weil man es sonst fĂŒr alle tun mĂŒsste. Vermeidbare TodesfĂ€lle wurden also hingenommen, um es sich nicht zu schwer zu machen.
Auch Schmerzmittel wurden den Patienten grundsĂ€tzlich nicht verabreicht - wohlgemerkt bedeutet "Patient" in einem Sterbe-Hospiz ein an schlimmen Krankheiten (mehr oder minder) langsam sterbender Mensch. Der Grund dafĂŒr war nicht materieller Mangel in der auch sonst schlecht ausgestatteten Einrichtung, sondern religiöser Sadismus. Denn Schmerz war fĂŒr die Mutter Teresa "das schönste Geschenk fĂŒr den Menschen", weil er so "am Leiden Christi teilnehmen kann". Darauf, dass die Sterbenden auf dieses "Geschenk" und der Teilnahme an einem Mythos gerne verzichtet hĂ€tten, ist sie nicht gekommen. Wie sollte sie auch? Wenn sie eigene medizinische Behandlung benötigte, lieĂ sie sich in die USA fliegen.
Einen Doppelstandard gab es auch in anderen Bereichen. TĂ€gliche Essensausgaben, so behauptete sie, gĂ€be es 4000, spĂ€ter korrigierte sie sich auf 9000. Chatterjee, der die Ausgaben mehrere Tage lang gefilmt hat, schĂ€tzt die realistische Anzahl auf maximal 300. Dabei wird auch nicht immer einfach an alle BedĂŒrftigen ausgegeben, sondern teilweise Essenskarten verlangt. An solche Karten kommt man schwierig heran - auĂer man gehört zur katholischen Minderheit von Kalkutta. Auch die Krankentransporter, die von der Stadt zur VerfĂŒgung gestellt wurden, wurden nicht zum Krankentransport eingesetzt, sondern mit SitzbĂ€nken ausgestattet und als Nonnentaxis benutzt.
Ohnehin zeigte sie nie ein sonderliches Engagement, das Los der Armen zu verbessern. Solange sie zum Sterben zu ihr kamen und davor noch zum Christentum konvertiert werden konnten, reichte das. Sie sagte: "Ich glaube, das es eine sehr schöne Sache ist, wenn die Armen ihr Los akzeptieren, es mit dem Leid Christi teilen. Ich glaube, das Leid der armen Menschen ist eine groĂe Hilfe fĂŒr den Rest der Welt." Wieder könnte man behaupten, die Armen sĂ€hen eventuell das anders.
Als sich 1984 in Bhopal durch einen Industrieunfall eine chemische Verseuchung von unzĂ€hligen Menschen (mehrere Tausende Tode) ereignete, hatte sie dazu nur eines zu sagen: "Vergebt, vergebt." - Die Forderung nach realen Verbesserungen der Situation der Menschen kam ihr zeitlebens nicht in den Sinn. Ein Autor schlussfolgerte: "Ein Interesse an den Menschen, an einer VerĂ€nderung ihrer sozialen Situation hatte die FriedensnobelpreistrĂ€gerin nicht. Denn eines wusste der Engel der Armen nur zu genau: nur wenn es weiterhin Arme, viele Arme gibt, wĂŒrde sie auch weiterhin deren Engel sein."
Richtig aktiv wurde die gute Katholikin nur, wenn es galt, Abtreibung und VerhĂŒtung zu bekĂ€mpfen. Ăberall, wo ihre MedienprĂ€senz ihr die Gelegenheit dazu gab - und das waren viele Gelegenheiten -, berichtete sie von dem Ăbel von SchwangerschaftsabbrĂŒchen und VerhĂŒtungsmitteln. Dass vor allem VerhĂŒtungen gerade in armen LĂ€ndern immanent wichtig sind zur Vermeidung von Krankheiten und von ungewollten Schwangerschaften (in Anbetracht der ErnĂ€hrungssituation fatal), hat die Christen ja noch nie von dieser Propaganda abgehalten. Glaube, Liebe, Hoffnung heiĂt in der RealitĂ€t wohl doch eher Hunger, Krankheit, Tod.
Passend dazu verhĂ€lt sich ihr sonstiger Umgang mit der Politik. In ihrem Heimatland Albanien hat sie den stalinistischen FĂŒhrer geehrt - nicht etwa seine menschenverachtenden Methoden kritisiert. Auch bei einem Besuch beim Diktator Jean-Claude Duvalier auf Haiti 1981 fand sie alles ganz toll. Dass es eine MilitĂ€rdiktatur war, die von den Finanzen Millionen fĂŒr sich abzweigte, wĂ€hrend die Bevölkerung im Elend lebte, musste ihr entgangen (oder egal gewesen) sein. DafĂŒr fand sie keine scharfen Worte, VerhĂŒtungsmittel hingegen waren das universell Böse. (Wer behauptet doch gleich, ohne Religion wĂŒrden die Menschen unmoralisch?)
Vielleicht erinnerte sie der Umgang mit dem Geld auch ein wenig an sich selbst. Die Medienmaschine der "Heiligen von Kalkutta" öffnete Millionen Menschen und hochrangigen Politikern den Geldbeutel und so gelangten bis zu 50 Millionen Dollar jĂ€hrlich auf das Konto des Ordens. Eine groĂe Summa kam z.B. von dem us-amerikanischen Fundamentalisten Charles Keating. Nur war das viele Geld, das er ihr gab, erschwindelt und so wurde er wegen dieser BetrĂŒgereien zu 12 Jahren Haft verurteilt. Teresa bat beim Richter um Gnade, als dieser zurĂŒckschrieb, sie solle das Geld zurĂŒckgeben, weil tlw. von sehr armen Familien erschwindelt worden war, reagierte sie nicht mehr.
Man kann man natĂŒrlich einwenden, so viel Geld in der Hand des Ordens komme sicher den Armen zugute. Wie es an der schlechten Ausstattung des Hospizes zu sehen ist, ist das nicht der Fall. Zahlen von 1991 besagen, dass Einnahmen von umgerechnet 5,3 Mio. DM Ausgaben von 360.000 DM gegenĂŒberstehen. Nachgewiesen sind Ausgaben ĂŒbrigens fĂŒr den Bau von Nonnenschulen - der Ausbildung von weiteren Missionaren also. Die vermissten Millionen des Ordens, der seine Finanzen nicht offenlegen will, werden in der Vatikan-Bank vermutet, einer mafiösen Einrichtung, die fĂŒr ihre Verwicklung in GeldwĂ€sche und Drogenhandel bekannt ist.
ZusÀtzlich wird der Orden wegen KinderhandelsaktivitÀten kritisiert. Arme indische Kinder, der Eltern noch leben, kommen auf dubiosen Wegen zu christlichen Familien im Ausland. Das ist eben auch eine Form der Missionierung.
Dennoch setzte nach ihrem Tod 1997 der Heiligsprechungsprozess in Rekordzeit ein, Johannes Paul II hob eigens die FĂŒnf-Jahres-Sperrfrist fĂŒr den Prozessbeginn auf. So dauerte es auch nur fĂŒnf Jahre, bis 2003 die Seligsprechung wegen der o.g. angeblichen Wunderheilung erfolgte. Die nötigen zwei Wunder fĂŒr eine Heiligsprechung wurden auf eines herabgesetzt. Das hat sich bis heute leider nicht eingestellt, aber man darf versichert sein, dass die Christen auch weiterhin aus dem Mythos der Mutter Teresa von Kalkutta noch viel positive MedienprĂ€senz herausholen werden. Nur den Heiligenschein sollten sie mal wieder ĂŒberstreichen, der ist inzwischen doch etwas blass geworden.
Quellen und Literatur
Aroup Chatterjee: Mother Theresa - The Final Verdict
Gunnar Schedel: Selig sind die Armen
Erik Möller: Zur Seligsprechung von Agnes Gonxha Bojaxhiu, alias Mutter Teresa
Christology101: Mother Teresa (Video)
Christopher Hitchens: Hell's Angel - Mother Teresa of Calcutta (Teil 2, Teil 3) (Video)
Christopher Hitchens: The Missionary Position. Mother Teresa in Theory and Practice
T.S.: Der Lack ist ab! HintergrĂŒndiges zur Seligsprechung von Mutter Teresa
Ein vielleicht etwas kritischerer Beitrag lÀuft auch demnÀchst im Fernsehen: http://maqi.de/tv?id=34669
Der richtige Name der albanischen Nonne ist Agnes Gonxha Bojaxhiu. Sie grĂŒndete 1950 den Schwestern-Orden "Missionarinnen der NĂ€chstenliebe" nachdem sie die Einbildung hatte, Jesus habe mit ihr gesprochen. Die Einrichtung im indischen Kalkutta war und ist fĂŒr die Stadt von geringer Bedeutung. Der Medienmythos um Bojaxhiu wurde 1969 etabliert. Der britische Evangelist (spĂ€ter Katholik) Malcolm Muggridge dreht in diesem Jahr den Film "Something Beautiful for God". Der Raum, in dem gedreht werden sollte, war schlecht beleuchtet, dennoch waren die Filmaufnahmen wider Erwarten auĂergewöhnlich gut. Die ErklĂ€rung fĂŒr dieses "Wunder": "göttliches Licht". Der Kameramann erklĂ€rte hingegen, dass ein von Kodak neu entwickelter Film dieses Resultat brachte. Das sagte er offiziell erst 1994, inoffiziell jedoch schon 1969, nur wollte Muggridge davon nichts hören.
Das nĂ€chste Wunder der Nonne, das fĂŒr ihre Seligsprechung herangezogen wurde, war die "Wunderheilung" der Inderin Monica Besra. Hitchens merkt an: "Man beachte, dass Monica ein katholischer MĂ€dchenname ist, in Bengalen nicht besonders verbreitet, dass also die Patientin und sicher auch die Nonnen bereits Fans von Mutter Teresa waren." Ihr wurde ein Amulett auf den Bauch gelegt, das von Mutter Teresa gesegnet worden sei (andere Variante: es kam mit ihrer Leiche in Kontakt), wodurch ihre Krebs-Tumor verschwand. Der Leiter des örtlichen Krankenhauses sowie der behandelnde GynĂ€kologe, Dr. Ranjan Mustafi, sehen das anders: "Sie hatte eine mittelgroĂe Wucherung in ihrem Unterleib, die von Tuberkulose verursacht worden war. Die Medizin, die ihr gegeben wurde, reduzierte die zystische Masse, bis sie nach einem Jahr verschwand." Die Inderin bestĂ€tigte die Einnahme der Medizin, Ă€uĂerte sich ĂŒber die UmstĂ€nde der Wunderheilung jedoch kaum. Der Ehemann der Frau protestierte lange gegen die angebliche Wunderheilung und verwies darauf, dass eigentlich die Ărzte (bzw. die Medizin) sie geheilt hĂ€tten. Dann jedoch vollzog sich bei ihm ein plötzlicher Gesinnungswandel oder wie er es formulierte: "Es war [Mutter Teresas] Wunderheilung, die meiner Frau geholfen hat. Nun erhalten meine Kinder und ich mit Hilfe der Nonnen eine Ausbildung, und ich konnte es mir leisten, ein kleines StĂŒck Land zu kaufen. Alles hat sich zum Besseren gewandelt." Ein Schelm, wer hier an Bestechung denkt.
Jenseits der medialen VerklĂ€rung erfĂ€hrt man, dass in Mutter Teresas Sterbe-Hospiz nicht nur unnötig schlechte hygienische Bedingungen herrschten - so werden Nadeln nicht desinfiziert, wodurch es zu zusĂ€tzlichen Infektionen kommen kann (und sicher kam), die zusĂ€tzliches Leiden und vermeidbare TodesfĂ€lle verursachen können. Sondern auch, dass nicht unheilbaren Menschen medizinische Behandlung versagt wurde, nur weil man es sonst fĂŒr alle tun mĂŒsste. Vermeidbare TodesfĂ€lle wurden also hingenommen, um es sich nicht zu schwer zu machen.
Auch Schmerzmittel wurden den Patienten grundsĂ€tzlich nicht verabreicht - wohlgemerkt bedeutet "Patient" in einem Sterbe-Hospiz ein an schlimmen Krankheiten (mehr oder minder) langsam sterbender Mensch. Der Grund dafĂŒr war nicht materieller Mangel in der auch sonst schlecht ausgestatteten Einrichtung, sondern religiöser Sadismus. Denn Schmerz war fĂŒr die Mutter Teresa "das schönste Geschenk fĂŒr den Menschen", weil er so "am Leiden Christi teilnehmen kann". Darauf, dass die Sterbenden auf dieses "Geschenk" und der Teilnahme an einem Mythos gerne verzichtet hĂ€tten, ist sie nicht gekommen. Wie sollte sie auch? Wenn sie eigene medizinische Behandlung benötigte, lieĂ sie sich in die USA fliegen.
Einen Doppelstandard gab es auch in anderen Bereichen. TĂ€gliche Essensausgaben, so behauptete sie, gĂ€be es 4000, spĂ€ter korrigierte sie sich auf 9000. Chatterjee, der die Ausgaben mehrere Tage lang gefilmt hat, schĂ€tzt die realistische Anzahl auf maximal 300. Dabei wird auch nicht immer einfach an alle BedĂŒrftigen ausgegeben, sondern teilweise Essenskarten verlangt. An solche Karten kommt man schwierig heran - auĂer man gehört zur katholischen Minderheit von Kalkutta. Auch die Krankentransporter, die von der Stadt zur VerfĂŒgung gestellt wurden, wurden nicht zum Krankentransport eingesetzt, sondern mit SitzbĂ€nken ausgestattet und als Nonnentaxis benutzt.
Ohnehin zeigte sie nie ein sonderliches Engagement, das Los der Armen zu verbessern. Solange sie zum Sterben zu ihr kamen und davor noch zum Christentum konvertiert werden konnten, reichte das. Sie sagte: "Ich glaube, das es eine sehr schöne Sache ist, wenn die Armen ihr Los akzeptieren, es mit dem Leid Christi teilen. Ich glaube, das Leid der armen Menschen ist eine groĂe Hilfe fĂŒr den Rest der Welt." Wieder könnte man behaupten, die Armen sĂ€hen eventuell das anders.
Als sich 1984 in Bhopal durch einen Industrieunfall eine chemische Verseuchung von unzĂ€hligen Menschen (mehrere Tausende Tode) ereignete, hatte sie dazu nur eines zu sagen: "Vergebt, vergebt." - Die Forderung nach realen Verbesserungen der Situation der Menschen kam ihr zeitlebens nicht in den Sinn. Ein Autor schlussfolgerte: "Ein Interesse an den Menschen, an einer VerĂ€nderung ihrer sozialen Situation hatte die FriedensnobelpreistrĂ€gerin nicht. Denn eines wusste der Engel der Armen nur zu genau: nur wenn es weiterhin Arme, viele Arme gibt, wĂŒrde sie auch weiterhin deren Engel sein."
Richtig aktiv wurde die gute Katholikin nur, wenn es galt, Abtreibung und VerhĂŒtung zu bekĂ€mpfen. Ăberall, wo ihre MedienprĂ€senz ihr die Gelegenheit dazu gab - und das waren viele Gelegenheiten -, berichtete sie von dem Ăbel von SchwangerschaftsabbrĂŒchen und VerhĂŒtungsmitteln. Dass vor allem VerhĂŒtungen gerade in armen LĂ€ndern immanent wichtig sind zur Vermeidung von Krankheiten und von ungewollten Schwangerschaften (in Anbetracht der ErnĂ€hrungssituation fatal), hat die Christen ja noch nie von dieser Propaganda abgehalten. Glaube, Liebe, Hoffnung heiĂt in der RealitĂ€t wohl doch eher Hunger, Krankheit, Tod.
Passend dazu verhĂ€lt sich ihr sonstiger Umgang mit der Politik. In ihrem Heimatland Albanien hat sie den stalinistischen FĂŒhrer geehrt - nicht etwa seine menschenverachtenden Methoden kritisiert. Auch bei einem Besuch beim Diktator Jean-Claude Duvalier auf Haiti 1981 fand sie alles ganz toll. Dass es eine MilitĂ€rdiktatur war, die von den Finanzen Millionen fĂŒr sich abzweigte, wĂ€hrend die Bevölkerung im Elend lebte, musste ihr entgangen (oder egal gewesen) sein. DafĂŒr fand sie keine scharfen Worte, VerhĂŒtungsmittel hingegen waren das universell Böse. (Wer behauptet doch gleich, ohne Religion wĂŒrden die Menschen unmoralisch?)
Vielleicht erinnerte sie der Umgang mit dem Geld auch ein wenig an sich selbst. Die Medienmaschine der "Heiligen von Kalkutta" öffnete Millionen Menschen und hochrangigen Politikern den Geldbeutel und so gelangten bis zu 50 Millionen Dollar jĂ€hrlich auf das Konto des Ordens. Eine groĂe Summa kam z.B. von dem us-amerikanischen Fundamentalisten Charles Keating. Nur war das viele Geld, das er ihr gab, erschwindelt und so wurde er wegen dieser BetrĂŒgereien zu 12 Jahren Haft verurteilt. Teresa bat beim Richter um Gnade, als dieser zurĂŒckschrieb, sie solle das Geld zurĂŒckgeben, weil tlw. von sehr armen Familien erschwindelt worden war, reagierte sie nicht mehr.
Man kann man natĂŒrlich einwenden, so viel Geld in der Hand des Ordens komme sicher den Armen zugute. Wie es an der schlechten Ausstattung des Hospizes zu sehen ist, ist das nicht der Fall. Zahlen von 1991 besagen, dass Einnahmen von umgerechnet 5,3 Mio. DM Ausgaben von 360.000 DM gegenĂŒberstehen. Nachgewiesen sind Ausgaben ĂŒbrigens fĂŒr den Bau von Nonnenschulen - der Ausbildung von weiteren Missionaren also. Die vermissten Millionen des Ordens, der seine Finanzen nicht offenlegen will, werden in der Vatikan-Bank vermutet, einer mafiösen Einrichtung, die fĂŒr ihre Verwicklung in GeldwĂ€sche und Drogenhandel bekannt ist.
ZusÀtzlich wird der Orden wegen KinderhandelsaktivitÀten kritisiert. Arme indische Kinder, der Eltern noch leben, kommen auf dubiosen Wegen zu christlichen Familien im Ausland. Das ist eben auch eine Form der Missionierung.
Dennoch setzte nach ihrem Tod 1997 der Heiligsprechungsprozess in Rekordzeit ein, Johannes Paul II hob eigens die FĂŒnf-Jahres-Sperrfrist fĂŒr den Prozessbeginn auf. So dauerte es auch nur fĂŒnf Jahre, bis 2003 die Seligsprechung wegen der o.g. angeblichen Wunderheilung erfolgte. Die nötigen zwei Wunder fĂŒr eine Heiligsprechung wurden auf eines herabgesetzt. Das hat sich bis heute leider nicht eingestellt, aber man darf versichert sein, dass die Christen auch weiterhin aus dem Mythos der Mutter Teresa von Kalkutta noch viel positive MedienprĂ€senz herausholen werden. Nur den Heiligenschein sollten sie mal wieder ĂŒberstreichen, der ist inzwischen doch etwas blass geworden.
Quellen und Literatur
Aroup Chatterjee: Mother Theresa - The Final Verdict
Gunnar Schedel: Selig sind die Armen
Erik Möller: Zur Seligsprechung von Agnes Gonxha Bojaxhiu, alias Mutter Teresa
Christology101: Mother Teresa (Video)
Christopher Hitchens: Hell's Angel - Mother Teresa of Calcutta (Teil 2, Teil 3) (Video)
Christopher Hitchens: The Missionary Position. Mother Teresa in Theory and Practice
T.S.: Der Lack ist ab! HintergrĂŒndiges zur Seligsprechung von Mutter Teresa
Ein vielleicht etwas kritischerer Beitrag lÀuft auch demnÀchst im Fernsehen: http://maqi.de/tv?id=34669