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Pressespiegel:
Leichen-Qualität

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Leichen-Qualität

Autor: Achim Stößer | Datum:
Unhinterfragte Propaganda für das Tierausbeutungs-"Qualitätssiegel" im "Soester Anzeiger". Schon die Aussage "Dort etwa prüfen sie, ob Schweine genug Licht, Bullen ausreichend Wasser und Hennen genug Platz haben" zeigt die Absurdität.

Von der Forke bis zur Gabel

Autor: Achim Stößer | Datum:
Lebensmittel-Skandale verhindern, Pfuscher schnell ermitteln: Das QS-System überwacht Futterproduzenten, Höfe, Fleischindustrie und Handel

Bei Lebensmitteln ist Kontrolle wichtig.
· Foto: dpa

Von Andreas Duhme

BONN · Auf diesen Leistungsbeweis hätte Hermann-Josef Nienhoff auch gut verzichten können: Vor wenigen Tagen wurde Krebs erregendes PCB in Futter für Geflügel und Schweine entdeckt, das ein sächsischer Betrieb bereits ausgeliefert hatte. Über 1 200 Tonnen sind wahrscheinlich betroffen. "Früher gab es bei Lebensmittelskandalen oft den Versuch, Dinge einfach unter den Teppich zu kehren", sagt Nienhoff.

Anders diesmal: Der Betrieb entdeckte die PCB-Belastung selbst und informierte Behörden sowie die QS GmbH in Bonn. QS ("Qualität und Sicherheit") ist die "freiwillige Selbstkontrolle der Lebensmittelindustrie", beschreibt Nienhoff, der Geschäftsführer der Gesellschaft ist. Umgehend informierte QS im PCB-Fall die Öffentlichkeit; nun darf kein Produkt von mit dem Futter ernährten Tieren in den Handel, solange kein endgültiges Laborergebnis vorliegt.

Nach BSE sah sich die Lebensmittelwirtschaft vor drei Jahren unter Zugzwang, denn die Verbraucher waren nicht zuletzt durch das ewige Weiterreichen des Schwarzen Peters verunsichert: Einzelhandel, Landwirte, Fleischindustrie und Futtermittelhersteller gaben sich oft gegenseitig die Schuld. Schnelle Rückverfolgbarkeit ist deshalb der Kerngedanke bei QS, das 2001 stufenübergreifend angelegt wurde. Nur wenn alle Produzenten, Verarbeiter und Anbieter von der GmbH zertifiziert sind, sich also kontrollieren lassen und jeden Verarbeitungsschritt dokumentieren, darf das Schnitzel im Supermarkt das blaue "QS"-Symbol führen.

Mittlerweile haben mit 46 762 Höfen ein Viertel aller deutschen Landwirte ein Zertifikat, weitere 6 100 bereiten sich derzeit vor. Prinzipiell sollen alle Betriebe teilnehmen können, QS ist kein Elite-Siegel. Die Landwirte führen - wie jeder Systemteilnehmer vom Futterlieferanten bis zum Einzelhandel - Gebühren an QS ab und zahlen die Kontrollen durch eines von 42 unabhängigen Instituten selbst.

Diese schicken in unregelmäßigen Abständen Experten in die Betriebe und auf die Höfe. Dort etwa prüfen sie, ob Schweine genug Licht, Bullen ausreichend Wasser und Hennen genug Platz haben; sie nehmen Futterproben und werfen einen Blick darauf, ob der Landwirt die Bücher über Tiere und Medikamente klar und lückenlos führt. Wer pfuscht oder panscht, kann auch aus dem System fliegen.

QS setzt dabei längst nicht immer eigene Standards: Oft wird nur die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben überprüft. Aber diese Überprüfung ist für Nienhoff ein wesentlicher Schritt Richtung Verbrauchervertrauen. Eine effektive Kontrolle durch den finanzschwachen Staat gebe es schließlich nicht mehr.

Von der Forke bis zur Gabel - nur wer sich einem umfassenden Kontrollsystem unterwerfe, "hat auf Dauer am Weltmarkt eine Chance". Das sagt Professor Hans-Wilhelm Windhorst, Agrar-Experte an der Hochschule Vechta. Diese Entwicklung beschleunige die ohnehin anstehende Konzentration der mit Kleinbetrieben durchsetzten deutschen Landwirtschaft. "Wenn der Lebensmitteleinzelhandel konsequent QS-Produkte verlangt, müssen viele Betriebe aufgeben." Bereits jetzt kündigten Banken hinter vorgehaltener Hand an, künftig keine Kredite an nicht organisierte Landwirte zu vergeben: "Zu riskant." Die QS-Plakette für Lebensmittel, die es ab der nächsten Ernte auch für Obst, Gemüse und Kartoffeln geben soll: Sie bürgt für Sicherheit, aber kostenlos ist sie nicht.

[17.06.2004]
http://www.soester-anzeiger.de/lokales/soester_anzeiger/story.jsp?id=132370