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Pressespiegel:
Presserat vs. Welt: Wirkung?

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Presserat vs. Welt: Wirkung?

Autor: Achim Stößer | Datum:
Der Presserat hat zwar bezüglich der Lügen u.a. der "Welt" über einen angeblich durch Veganismus gestorbenen Jungen noch nicht entschieden, die entsprechenden Zeitungen wurden aber schon informiert, daß über sie verhandelt wird - ob das bereits Wirkung zeigt? In der heutigen "Welt am Sonntag" steht jedenfalls:

Zitat:
Der wahre Laufsteg von Paris
Dim Sum für Yves, Pekingente für [(Ex?-)Peta-Promi?, AS] Naomi: Nirgendwo ist man den Stars der Mode so nah wie im Restaurant "Davé". Leider ist immer ausgebucht
[...]
"Da, schauen Sie mal: Francis Ford Coppola, und dahinten seine Tochter. Oh - und da ist [...] Leonardo (DiCaprio). Und mit Leonardo kam ["Spiderman"-Darsteller, AS] Tobey (Maguire). Ja, Tobey. Wußten Sie, daß er Veganer ist? Er ißt nicht mal Eier. Deshalb hat er diesen klaren, klaren Blick", sagt Davé - während sich seiner verklärt.
http://www.wams.de/data/2005/02/27/543828.html

Also im Verhältnis zur bisher üblichen Antiveganismushetze doch fast neutral ...

Der wahre Laufsteg von Paris

Autor: Achim Stößer | Datum:
Dim Sum für Yves, Pekingente für Naomi: Nirgendwo ist man den Stars der Mode so nah wie im Restaurant "Davé". Leider ist immer ausgebucht

von Clark Parkin

"Je suis complet", sagt er, faltet die Hände und lächelt verzerrt vor lauter Bedauern, es nicht allen recht machen zu können. Davé, dessen Restaurant in Paris heißt wie er selbst, hat keinen Platz mehr frei. Alles ausgebucht. Die Information hat man schon draußen an der Tür bekommen. Auf einem Pappschild steht da mit rotem Filzstift und Ausrufezeichen unübersehbar "Complet!" geschrieben. Das klingt nach Abschreckung, aber es stimmt.


Wer sich trotzdem traut, drinnen nach einem Tisch zu fragen, muß sich zuerst an das dunkle Licht gewöhnen. Rotlackierte Wände, roter Teppich, rotgepolsterte Bänke, chinesische rote Lackstühle und ein Aquarium, in dem sich nicht sehr viel bewegt.


Alle Tische sind besetzt. Im hinteren Teil sitzt Helmut Lang mit seiner Entourage, weiter vorn mit Freunden Rei Kawakubo, die Chefdesignerin von Comme des Garçons. In einer linken Nische schart sich ein kleiner Kreis von Herren in beerenfarbenen Samtanzügen um Loulou de la Falaise, die Muse Yves Saint Laurents. "Davé" ist das Stammlokal der Mode-Society und platzt zu den Pret-à-porter-Schauen in Paris aus allen Nähten.


Das erlebt Davé Cheung, wie der Patron mit vollem Namen heißt, geboren 1953 in Hongkong und aufgewachsen in Paris, seit 23 Jahren. Seither werden immer mehr Polaroids, Zeichnungen und signierte Schnappschüsse an die Wände geklebt und erzählen Modegeschichte.


Das Besondere dieses Restaurants erklärt sich nicht durch die Küche. Was hier geboten wird, ist durchschnittliche chinesische Kost, Pekingente, Frühlingsrollen und Dim Sums, schmackhaft, aber keineswegs herausragend. Auch die Einrichtung könnte viel spektakulärer sein.


Aber genau das ist wohl Davés Erfolgsgeheimnis: Er ist der gemütliche Chinese um die Ecke für das Modevolk. So, wie es schon das Lokal seiner Eltern war. Die hatten in den siebziger Jahren ein chinesisches Restaurant in Oberkampf, einst Pariser Arbeiter-, heute Szeneviertel. Durch Zufall entdeckten Starfotograf Helmut Newton und seine Frau June den Chinesen und kamen bald regelmäßig zum Essen. Sie brachten Freunde wie den Modefotografen Guy Bourdin mit, der es wiederum Models und Designern empfahl.


Am 1. Juni 1982 eröffnete Davé sein erstes eigenes Restaurant in der Rue St. Roch, einer kleinen Straße zwischen dem Tuilerien-Park und der Oper. Es wurde schnell zum Stützpunkt der mächtigen amerikanischen Moderedakteurinnen und Einkäufer. "Damals fanden die Modenschauen noch in kleinen Zelten in den Tuilerien statt", erzählt Davé. "Mein Restaurant lag eben günstig. Und es war eines der wenigen in Paris, in dem englisch gesprochen wurde. Die Amerikaner waren hier ja sonst aufgeschmissen." Vor zwei Jahren ist er, dem Modezirkus folgend, in die Rue de Richelieu gezogen. Wieder in die Nähe der Schauen, die jetzt im Carousel du Lourve stattfinden.


Aber das alles erklärt den anhaltenden Erfolg von Davé nur bedingt. Lokale für Berühmtheiten gibt es viele, ebenso Wirte, die sich gern mit ihren Gästen ablichten lassen und mit den Fotos ihr Lokal tapezieren. Doch bei Davé an den Wänden hängen nur Bilder solcher Leute, die in ihrer Zeit Außergewöhnliches geleistet haben, stilbildend waren. "Hier ist Robert Mapplethorpe, da sehen Sie Keith Haring", sagt er, und führt geduldig und liebenswürdig durch die Galerie in seinem Restaurant. "Da, schauen Sie mal: Francis Ford Coppola, und dahinten seine Tochter. Oh - und da ist Giselle (Bündchen, Anm. d. Red.) und Leonardo (DiCaprio). Und mit Leonardo kam Tobey (Maguire). Ja, Tobey. Wußten Sie, daß er Veganer ist? Er ißt nicht mal Eier. Deshalb hat er diesen klaren, klaren Blick", sagt Davé - während sich seiner verklärt. Man sieht eine ganze Riege von Designern, Azzedine Alaia, Patrick Kelly und andere, halbvergessene.

Davé liebt sie alle, irgendwie. Und er liebt ihre Geschichten. Selbst den Reporter fragt er mit sanftem, echtem Interesse nach seinem Leben aus, bevor der selbst ihm Fragen stellen kann. "Ich kann an den Äußerlichkeiten vorbeischauen und sehe hinter der Fassade den Menschen. Sonst würde ich diesen Rummel auch nicht aushalten." Starke Nerven braucht er immer wieder.


Erst vor kurzem hat Anna Wintour, Chefredakteurin der amerikanischen "Vogue", ein intimes Dinner für 94 geladene Gäste gegeben. "Jeder kam mit seiner eigenen Limousine und hat die Straße verstopft, es war verrückt! Das haben die Pariser noch nie gesehen!"


Davé erzählt gern von seinen prominenten Gästen, doch in den entscheidenden Dingen bleibt er diskret. Entgleisungen tratscht er nicht weiter, der "Ring des Vertrauens" bleibt gewahrt. Naomi soll mal auf den Tischen getanzt haben, und Tom hätte sehr, sehr wild gefeiert, aber den Rest überläßt er der Phantasie des Besuchers. Seine Gäste schätzen das, oder sie kommen nicht wieder. Die in der Modebranche üblichen abfälligen Bemerkungen über Lokale, die man für nicht mehr für up to date hält, hört man über Davé nur von jenen Modemenschen, die nicht zur ersten Liga gehören.


"Niemand wäre so dumm, Davé zu brüskieren", hat Marc Jacobs einmal gesagt.


In der hintersten Ecke des Lokals, einem Bereich, in den unliebsame Gäste mit einem höflichen "Hier haben Sie mehr Licht" verbannt werden, steht eine Skulptur der Göttin Ushnishavijava, der "Mutter aller Buddhas". Sie verspricht Langlebigkeit und breitet ihre acht Arme aus - ein Bild alles umarmender Fürsorge. Wie Davé. Der wirklich und ganz ehrlich untröstlich ist, wenn er sagen muß: "Je suis complet."


-Davé; 12, rue de Richelieu, 75001 Paris, Tel. 0033/1/42 61 49 48


Artikel erschienen am 27. Februar 2005

http://www.wams.de/data/2005/02/27/543828.html?s=1