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Graswurzelrevolution: Anti-Speziesismus? Schmeckt mir nicht!

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Graswurzelrevolution: Anti-Speziesismus? Schmeckt mir nicht!

Autor: Mesiu | Datum:
Diesen bereits im Juli diesen Jahres veröffentlichten Artikel von Rüdiger Haude habe ich heute – mitsamt meinen Anmerkungen und Fragen an selbigen – wieder auf meiner Festplatte entdeckt. Im Allgemeinen die üblichen Argumente à la „der Mensch ist nunmal ein Mensch und kein Tier“, aber ich fand es trotzdem interessant, wie das Konzept des Antispeziesismus von zumindest einem Autor, der für eine „gewaltfreie, herrschaftslose Gesellschaft“ schreibt, verstanden wird.

Link: http://www.schattenblick.de/infopool/medien/altern/gras1022.html

Zitat: graswurzelrevolution 340, Sommer 2009
für eine gewaltfreie, herrschaftslose gesellschaft

Anti-Speziesismus? Schmeckt mir nicht! Ein Beitrag zur Diskussion um Tierrechte
Von Rüdiger Haude

In libertären Kreisen ist die Sensibilität für die Rechte von Tieren erfreulich hoch entwickelt und weit verbreitet, aber zuweilen treibt sie seltsame Stilblüten.

Die individuelle Entscheidung von VegetarierInnen, kein Fleisch zu essen, oder die noch konsequentere Entscheidung der VeganerInnen, gar keine tierischen Produkte zu verwenden, wird häufig mit einer Ablehnung des "Speziesismus" begründet, also der Ungleichbehandlung von Lebewesen aufgrund ihrer Art. Ich möchte demgegenüber ein Plädoyer für den "Speziesismus" halten. Der "Anti-Speziesismus" ist in der Regel gut gemeint, aber konsequent zuende gedacht, führt er meiner Überzeugung nach zu einer ethischen Verwahrlosung.


Um das Missverständnis, auf dem Ihr Artikel beruht, gleich vorweg auszuräumen: „Ungleichbehandlung“ ist nicht das richtige Wort. Treffender wäre „Verleugnung von Interessen und Bedürfnissen“ oder „totale Ausbeutung zu wirtschaftlichen Zwecken“.
Denn: Ein Schwein anders zu behandeln als einen Menschen, weil es ein Schwein ist, kann nur unter Vorbehalt als speziesistisches Verhalten eingestuft werden. Das Schwein unterscheidet sich vom Menschen in wichtigen Punkten, und die Forderung, Schweine wie Menschen zu behandeln, ist unsinnig und wird von keinem Antispeziesisten ernsthaft gestellt werden. In anderen Punkten gleichen sich Schweine und Menschen jedoch sehr genau, beide haben zum Beispiel ein Interesse an körperlicher Unversehrtheit. Die Annahme, dieses Interesse (Leben ohne Schmerzen) bei einem Schwein zu Gunsten eines eigenen, weniger gewichtigen Interesses (Geschmack an Schweinefleisch) übergehen zu dürfen und die jeweilige Artenzugehörigkeit als Rechtfertigung dafür heranzuziehen, wird als Speziesismus bezeichnet.

Zitat: 1. Wir essen zuviel Fleisch. Der Umgang mit sogenannten "Nutztieren", vor allem durch die Agrarindustrien, schreit in vielfacher Hinsicht zum Himmel. Der absurd niedrige Preis von Fleisch und Tierprodukten ist erstens erkauft mit einem unsäglichen Leiden unzählbarer Tiere (von der Massentierhaltung bis zu den wirklich wahnsinnigen Transporten in der Fleischproduktionskette).


Wollen wir Fleisch essen, muss jemand dafür sterben, auch wenn es sich nur um geringe Mengen handelt. Es spielt grundsätzlich keine Rolle, ob es sich dabei um 50 Milliarden (Land-)Tiere pro Jahr handelt (wie etwa 2008) oder nur um 5 Millionen. Jedes Tier, welches für unseren Genuss geboren, eingesperrt, gemästet und getötet wird, ist eines zu viel.

Zitat: Zweitens bedeutet die Massenproduktion tierischer Nahrungsmittel eine drastische Verschlechterung der Qualität dieser Nahrungsmittel: Fleisch ist wässrig, von undefinierbarer Konsistenz, mit Medikamenten verseucht, und vieles mehr.


Dieser Punkt ist für Antispeziesisten absolut irrelevant.

Zitat: Drittens führt die massenhafte Haltung von Rindern zu einer gravierenden Steigerung des menschengemachten Treibhauseffekts, weil diese Tiere in großem Umfang Methan furzen, dessen Treibhaus-Potenzial um ein Vielfaches höher ist als das von CO2.


Richtig, bis auf das kleine Detail, dass das Methan von den Rindern beim Wiederkäuen als Rülpser ausgestoßen wird.
Milchkühe werden permanent schwanger gehalten, um Milch für Menschen produzieren zu können. Die Kälber werden durch künstliche Befruchtung zu neuen Milchkühen gemacht oder kommen als Jungbullenfleisch auf den Markt. Nach vier bis sechs Jahren geht die Milchleistung zurück und die Kuh wird zum Schlachthaus gefahren. Die Lebenserwartung von Rindern in Freiheit liegt bei etwa 20 Jahren. Die Tatsache, dass wir eine Kuh in die Welt setzen, um ihre Körperfunktionen fünf Jahre lang zu missbrauchen und sie anschließend zu töten, erscheint dem spezisistisch geprägten Menschen jedoch weniger tragisch als die Wirkung des Methans, welches diese Kuh ausstößt.
Die errechneten Auswirkungen der Tierhaltung auf das Klima sind alarmierend, allerdings aus Tierrechts-Perspektive eher nebensächlich (Analogie: Welcher Antifaschist hat danach gefragt, ob der Einsatz von Deportationszügen schädlich sei für die Umwelt oder für sonst irgendwas? Nein, es ging um unschuldige Personen, denen eine nicht zu rechtfertigende Behandlung zukam. Dabei über die verursachte Luftverschmutzung zu reden, muss absurd erscheinen).

Zitat: Viertens trägt die Fleischlastigkeit unserer Ernährungsgewohnheiten massiv zum Hunger in der Welt bei. Denn riesige landwirtschaftliche Flächen, die der Ernährung der Weltbevölkerung dienen könnten, werden für den Anbau von Futtergetreide für Vieh verschwendet.


Richtig, und hier könnte man wohl tatsächlich von einem zweiten ethischen Aspekt des Veganismus sprechen, der nicht die betroffenen nichtmenschlichen Tiere betrifft, sondern andere Menschen.

Zitat: Ein Hektar Land liefert am Ende höchstens 20% des Nährwerts, wenn er der Viehzucht dient, als wenn sein Ertrag direkt menschlicher Ernährung verfügbar ist. Was wir brauchen, ist die Verbreitung eines Bewusstseins unter den Menschen, wonach ihnen spontan schlecht wird, wenn sie im Supermarkt Schweineschnitzel sehen, die 2 Euro 49 pro Kilo kosten, denn solche Preise können nur unter widerwärtigen Bedingungen (das betrifft auch Arbeitsbedingungen von Menschen!) realisiert werden.


Wir brauchen vielmehr ein Bewusstsein, aufgrund dessen Menschen im Supermarkt in einem Schweineschnitzel ein Stück Körper von einem Tier sehen, welches gerne frische Luft geatmet hätte, welches gerne unter der Sonne in der Erde gegraben und mit seinen Geschwistern gespielt hätte, welches sich einen Partner gesucht und eine eigene Familie gegründet hätte, welches jedoch von Menschen dazu gezwungen wurde, alle angeborenen und instinktiven Verhaltensweisen zu unterdrücken, dem der Schwanz abgeschnitten, die Hoden herausgerissen und die Zähne abgeschliffen wurden, um schließlich für ein paar Minuten menschlichen Gaumenschmauses aufgeschlitzt zu werden.

Zitat: ABER daraus folgt nicht, dass der Verzehr von Fleisch und Tierprodukten grundsätzlich tabu sein müsste. Menschen können sich ohne tierische Eiweiße ernähren, obwohl das nicht ganz einfach ist. Wer dies tut, macht insofern sicher nichts moralisch falsch. Aber besonders naheliegend ist eine solche Ernährung nicht. Vor allem eine rein vegane Ernährung kommt in der Kulturgeschichte der Menschheit kaum vor.


Sich ohne tierische Eiweiße zu ernähren, ist in der Tat sehr einfach. Anscheinend haben Sie sich bisher nur in der Theorie am Antispeziesismus versucht.
Hier eine Analogie: In der Kulturgeschichte der Menschheit kommt ein einziges Jahr ohne kriegerische Aktivitäten nicht vor. Würden Sie argumentieren, es sei deshalb naheliegend, sich dreimal täglich agressiv gegenüber Mitmenschen zu verhalten? Die soziale Gleichstellung der Menschen weiblichen Geschlechts ist in der Weltgeschichte ebenso eher eine Seltenheit. Ist sie also verdächtig „menschenfern“?

Zitat: Das "gattungsgeschichtliche Erbe" weist uns wohl eher als Allesfresser mit einem gewissen Hang zum Aas aus. Aber insbesondere aus einer "anti-speziesistischen" Perspektive ist die Ablehnung des Verzehrs tierischer Eiweiße eigentlich überhaupt nicht zu rechtfertigen. Denn wenn wir Menschen mit anderen Tierarten moralisch auf derselben Ebene stehen, dann steht uns dasselbe "Recht" auf tierische Nahrung zu wie Löwen, Orcas, Bussarden oder Spinnen.


Nichtmenschliche Tiere können auf gar keiner moralischen Ebene stehen. Wer das Verhalten von Löwen ethisch bewerten will, endet in einer Sackgasse. Kein ernstzunehmender Antispeziesist wird je ähnliches versuchen.

Zitat: Wir können über Veganismus eben nur aus dem einen Grund diskutieren, dass wir fundamental anders sind als jene - z.B. reflexionsfähig. Und nur deshalb können wir auch darüber nachdenken, ob wir das Schnitzel aus Massentierhaltung für 2 Euro 49 oder ein wesentlich teureres Schnitzel aus halbwegs "artgerechter" Haltung kaufen. Für die Anti-SpeziesistInnen sind beide Schnitzel moralisch gleich verwerflich. Mit dem Verzicht auf das Nachdenken über konkrete Formen der Tierhaltung ist für die Tiere, so scheint mir, mehr verloren als gewonnen.


Fleisch aus „ökologischer Haltung“ gaukelt eine heile Tierwelt vor. Der Konsument erkauft sich die vermeintliche Rolle des gönnerhaften Wohltäters, gleichzeitig wird aber der Status der Nutztiere als Ware und Eigentum des Menschen nur noch fester untermauert. Für uns reflexionsfähige Wesen ist es eben nicht nur Privileg, sondern auch Pflicht, über die Konsequenzen unseres (Konsum-)verhaltens zu reflektieren. Deshalb ist es in der Tat ratsam, über die aktuellen Formen der Tierhaltung nachzudenken. Wer das ernsthaft und konsequent tut, kommt zu dem Schluss, dass „Bio-Mastschweinen“ auch ohne Betäubung kastriert werden und sie im selben Schlachthaus enden wie „konventionelle“ Schweine; dass die Hälfte aller „Bio-Legehennen“ aufgrund ihres Geschlechts auch so schnell wie möglich erstickt oder zerhäckselt werden; dass „Bio-Milchkühen“ auch ihr Nachwuchs entrissen wird, der auch zu 50 Prozent männlich ist und somit für die Milchwirtschaft unrentabel; dass auch „Bio-Hühner“ durch ständiges Wegnehmen des Geleges gezwungen werden, fast täglich ein neues Ei zu produzieren, was sich wiederum auf den eigenen Calciumhaushalt niederschlägt, und dass auch „freilaufende“ Hennen sterben müssen, sobald ihr Futter mehr kostet als ihre Eier einbringen.
„Bio“-Tierhalter sind gezwungen, in unserem Kapitalsystem zu wirtschaften, und deshalb sind auch „Bio-Tiere“ lediglich Produktionseinheiten, deren Leben nicht mehr Wert ist als der aktuelle Einkaufspreis. Alle (Nahrungsmittel-)Hersteller müssen notwendigerweise dafür sorgen, nur das Minimum an Zeit, Geld und Ressourcen in die Herstellung ihrer Produkte zu investieren. Es wäre naiv zu glauben, „Bio“-Bauernhöfe bildeten eine Ausnahme. Die Tiere werden nicht dort gehalten, um glücklich zu sein, sondern um dem Menschen als Mittel für dessen Profit zu dienen.
Denken wir wirklich darüber nach, erscheint uns die „ökologische“ Tierhaltung sogar noch verwerflicher, weil sie unter dem heuchlerischen Schleier der „Artgerechtigkeit“ und des „glücklichen Lebens“ stattfindet.

Zitat: 2. Tiere sollten Rechte haben. Weil und insoweit sie leidensfähig sind, müssen wir Menschen sie vor unnötigem Leid bewahren. ABER es ist absurd zu behaupten, sie müssten dieselben Rechte genießen wie Menschen. Zunächst einmal ist das Postulat von "Rechten" eine genuin menschliche Angelegenheit. Während Menschenrechte von ihren NutznießerInnen erkämpft werden können, werden Tierrechte von Menschen gewährt. Es ergäbe keinen Sinn, von einem "Naturrecht" der Tiere zu sprechen, nicht gegessen zu werden; denn das Fressen und Gefressenwerden ist in der Natur (ohne Zutun der Menschen) eine so alltägliche Angelegenheit, dass die Natur als Gesetzgeberin gegen ihr eigenes Gesetz permanent verstoßen würde, wohingegen bei Einhaltung eines solchen Rechts sämtliche Ökosysteme kollabieren müssten (vom Leiden der fleischfressenden Tiere mal ganz zu schweigen). Die Forderung, vegetarisch oder vegan zu leben, lässt sich sinnvoller weise nur an Menschen richten, womit die besondere Stellung der Menschen in der Tierwelt bereits bewiesen wäre. Nur für Menschen ist es eine moralische Frage, wie sie mit Tieren umgehen, weil Menschen "von Natur aus Kulturwesen" sind.


Wobei empirische Daten über das, was Menschen „von Natur aus“ sind oder nicht sind, nur schwer zu ermitteln sein dürften.

Zitat: Daran hängt viel: Individuelles und kollektives Selbstbewusstsein, Abstraktionsvermögen, kulturelles Gedächtnis, eine theoretisch bis ins Unendliche ausdehnbare Reichweite von Gefühlen wie Mitleid, usw. Deshalb ist es nicht nur selbstverständlich, dass Tiere z.B. kein Wahlrecht (bei Kommunalwahlen oder dgl.) haben, sondern auch, dass das Leiden von Tieren, so sehr es bekämpft werden sollte, nicht denselben Stellenwert haben kann wie das Leiden von Menschen.


Können Sie mir erklären, wie man den Stellenwert von Leiden aus einem kulturellen Gedächtnis ableitet?
Das Problem hierbei ist folgendes: Jedes Tier mit einem Gehirn verfügt zu einem gewissen Grad über ein individuelles und ein kollektives Selbstbewusstsein, Abstraktionsvermögen und emotionale Aktivität. Die Unterschiede zum Menschen sind hier quantitativer, nicht qualitativer Art. Wenn wir anfangen, Lebewesen mit „weniger“ Intellekt abzuwerten, müssen wir zuerst Säuglinge und geistig schwer „behinderte“ Menschen aus unserer moralischen Gemeinschaft ausschließen, denn erwachsene Schimpansen verfügen über ausgeprägtere geistige Fähigkeiten als ein einjähriges menschliches Kind. Es gibt kein Merkmal, welches der Mensch als einzige Art besitzt und welches uns von allen anderen Arten eindeutig abheben würde.
Schweine wie Menschen werden beide von einer Mutter geboren, sie verfügen beide über ein zentrales Nervensystem und nehmen die Welt um sich herum wahr. Sie wollen leben und dabei Verfolgung, Angst und Schmerzen vermeiden (jedenfalls können wir davon ausgehen, dass dies für die überwältigende Mehrheit zutrifft). Das sind die Fakten und sie sind alles, was wir wissen müssen. Es gibt keinen Grund und keine Begründung dafür, das Leiden des Schweins dem des Menschen unterzuordnen, allein weil es auf vier Beinen geht oder nicht wählen kann (wie auch der Säugling).

Zitat: Abgesehen davon möchte ich bemerken, dass jeder zoologischen Art ein "Speziesismus" zuzubilligen wäre: Ein Okapi oder eine Sardine wird ArtgenossInnen immer anders "bewerten" als Tiere anderer Arten, z.B. unter dem Kriterium der Sexualität.


Analog dazu: Frauen bei einem Bodybuilding-Wettbewerb anders zu bewerten als Männer ist wohl noch kein Ausdruck von Sexismus.
Die Bewertung anderer Individuen aufgrund relevanter (biologischer) Kriterien kann als realitätsbezogene Umsetzung der Signale gewertet werden, welche die Sinnesorgane liefern. Das ist wohl bei allen Arten durchaus legitim und mag im besten Fall sogar die Fortpflanzung sicherstellen.
Speziesismus hingegen bezeichnet die Unterdrückung oder Ausbeutung anderer Individuen zu eigenen Zwecken anhand des willkürlichen Merkmals „Spezies“.

Zitat: 3. Evolutiv "hochentwickelte" Tiere, besonders Säugetiere (Affen, Hunde, Wale, womöglich Schweine) nähern sich in ihrem Verhalten und Empfinden vielleicht dem an, was man als Bewusstsein ansprechen kann. ABER auch hieraus lässt sich eine anti-speziesistische Position, welche die ethische Gleichheit aller Arten behauptet, gerade nicht begründen. Denn in der genannten Hinsicht unterscheiden sich verschiedene Tierarten radikal.


Wenn mit „ethische Gleichheit“ beschrieben werden soll, welchen Lebewesen wir kein unnötiges Leid zufügen dürfen, dann muss untersucht werden, welches Lebewesen Leid empfinden kann und nichts anderes. Auch nicht, ob es hochentwickelt ist oder ob es daneben andere, weniger entwickelte Arten gibt.
Die genannte Hinsicht ist ein Vergleich zwischen Verhalten und Empfinden menschlicher und nichtmenschlicher Tiere. Es lässt sich nicht oft genug betonen, dass darin ein grundlegender Fehler liegt: Tiere werden nicht „lebenswerter“, je ähnlicher sie dem Menschen in Verhalten und Empfinden sind. Wir haben keine Basis für die Behauptung, dass es von Bedeutung ist, wie nahe eine bestimmte Spezies an die Art von Bewusstsein, welche dem Menschen eigen ist, herankommt.

Zitat: Wie sollte man unter dem Aspekt des Bewusstseins (wahrscheinlich auch der Leidensfähigkeit) eine Auster und einen Orang-Utan auf dieselbe Stufe stellen? Ich kenne auch keinen Veganer, der angesichts z.B. einer Stechmücke, die sich gerade auf seinem Arm zwecks Nahrungsaufnahme niedergelassen hat, große Skrupel hätte zuzuschlagen. Dennoch behaupten die Anti-SpeziesistInnen eine prinzipielle ethische Gleichheit in der gesamten Tierwelt - und ziehen auch damit wieder eine willkürliche Grenze zwischen Arten. Alles was Photosynthese treibt, darf ja zum Beispiel gegessen werden. Die Samenkerne der Sonnenblume sind erlaubt, obwohl diese mit ihrer netten täglichen Drehung nach dem Sonnenstand selbst unter dem Aspekt der aktiven Bewegung mir näher steht als zum Beispiel ein Schwamm, der als Tier unter anti-speziesistischem Schutz steht.


Hier noch einmal: Die Frage ist nicht, wer Ihnen näher steht.
Es besteht überhaupt keine Notwendigkeit, erst recht nicht für Antispeziesisten, Austern und Orang-Utans auf irgendeine Stufe zu stellen. Fest steht: Das Zufügen von unnötigem Leid ist moralisch von Übel. Ich als mitteleuropäischer Mensch kann vorzüglich überleben, ohne Austern oder Orang-Utans (oder Menschen oder Schweinen) Leid zuzufügen.
Die angesprochene, von antispeziesistischer Seite geforderte ethische Gleichheit bezieht sich auf das moralische Grundprinzip der „gleichen Behandlung gleicher Fälle“. Zwei Lebewesen, die beide Schmerz empfinden können, muss ich in Bezug auf die Zufügung von Schmerzen gleich behandeln, wenn ich auch nur ansatzweise moralisch richtig handeln will. Antispeziesismus bedeutet, nicht die biologischen Unterschiede als Begründung für diese oder jene Behandlung anzuführen, sondern eine Abwägung der Interessen vorzunehemen. Ist mein Interesse am Genuss von Schweineschnitzel größer als das Interesse des Schweins an der Vermeidung eines gewaltsamen Todes?
Hat die Sonnenblume ein Interesse an Schmerzfreiheit? Verfügt ein Schwamm über ein zentrales Nervensystem?

Zitat: Man kommt also aus rein praktischen Gründen überhaupt nicht darum herum, unterschiedliche Arten ethisch unterschiedlich zu bewerten. Und dann ist die Spezies "Mensch" für uns zweifach ausgezeichnet: Erstens als die eigene, und zweitens als diejenige, die (z.B.) über Antispeziesismus diskutieren kann.


Das ist richtig, aber was bedeutet denn die Fähigkeit zur Diskussion im ethischen Kontext? Für einen Spatzen ist die eigene Spezies ebenfalls die eigene, und ihn zeichnet die Fähigkeit zum Flug aus. Ein Aal kann unter Wasser atmen, wozu der Mensch hingegen nicht in der Lage ist. Was ist nun aus ethischer Sicht „besser“, und wer legt solch universelle Maßstäbe fest? Etwa die Menschen, diese schwachen, nackten, langsamen Kreaturen, die sich sogar gegeinseitig millionenfach umbringen und die gerade dabei sind, den Planeten für alle Lebewesen unbewohnbar zu machen?

Zitat: 4. Es ist Hybris, wenn "der" Mensch sich als "Krone der Schöpfung" sieht. Und gerade aus anarchistischer Perspektive tut man gut daran, die Unterschiede zwischen den Arten nicht in eine starre ethische Hierarchie zu gießen (auch wenn manche der von mir bereits genannten Beispiele es schwer machen, dieser Maxime zu folgen). Es gibt wahrlich genug Anlass, von anderen Tierarten zu lernen: Vom Egalitarismus und dem Lustprinzip der Bonobo-Zwergschimpansen; von der "kybernetisch-demokratischen" Entscheidungsfindung der Honigbienen bei ihrer Futtersuche (von wegen "staatenbildende Insekten": pah!); von der gegenseitigen Hilfe in der Tierwelt, die Kropotkin vor hundert Jahren schon so eindrucksvoll beschrieb - sein Buch sollte gerade auch im laufenden Darwin-Jahr als notwendiges Darwin-Korrektiv ins Gedächtnis gerufen werden. ABER Bonobos sind in dem ihnen möglichen Verhalten anders gestrickt als große Schimpansen, Löwen anders als Gazellen, usw. Wie gehen Anti-SpeziesistInnen damit um?


Antispeziesisten gehen damit so um: So lange wir als Menschen ein gesundes Leben führen können, ohne anderen damit Leid und Tod zuzufügen, haben wir keine moralische Rechtfertigung für eben dies. (Oder die ebenso müßige Gegenfrage: Frauen leiden statistisch gesehen öfter unter Stimmungsschwankungen als Männer. Wie gehen Antisexisten damit um?)

Ich brauche unbezweifelbar keinen Tofu, um mich ohne Abstriche bei Gesundheit und Genuss (z.B. gegenüber einer Ernärungsweise, die Tierprodukte einschließt) ausreichend mit allen benötigten Nährstoffen zu versorgen. Ich habe allerdings bereits nicht wenige äußerst delikat zubereitete Tofugerichte probiert. Diese Tatsache, dass ein Produkt für mich geschätzter Luxus ist und nicht etwa essentielle Substanz zur Aufrechterhaltung meines Organismus, macht die Betrachtung des Konsums und damit wiederum der Herstellung des Produkts aus ethischer Sicht notwendig. Bei einem Fleischfresser wie etwa einem Löwen ist die Frage nach der moralischen Grundlage seiner Ernährung offensichtlich überflüssig. Er hat in dieser Hinsicht keine Wahl, und somit auch nicht die Möglichkeit, eine etwaige unmoralische Handlung zu wählen.
Wie könnte ich hingegen meinen Tofukonsum noch rechtfertigen, wenn bei seiner Produktion zwangsläufig Unschuldige geboren, eingesperrt und getötet werden müssten, wenn doch Tofu einzig und allein meinem Genuss bei Tisch dient?
Keine Art der Nahrungsbeschaffung ist aus sich selbst heraus unmoralisch. Erst durch die Möglichkeit einer Alternative, einer bewussten Entscheidung für das kleinere Übel, lässt sich die menschliche Ernährung in ethischem Licht beleuchten. Wir stellen also unseren nur minutenlangen kulinarischen Genuss höher als das gesamte Leben eines anderen fühlenden Tieres. Wir rauben einem Individuum restlos alles, was ein selbstbestimmtes Leben ausmacht, um einen kurzen Moment des Vergnügens zu erleben. Kein anderes Tier ist aus verschiedenen Gründen dazu in der Lage. Ein Fleischfresser wie der Löwe sichert sein Überleben und das seiner Familie mit seinem Instinkt und den Mitteln, die ihm zur Verfügung stehen, jenseits von Ethik und Moral.

Zitat: Wenn moralische Gleichheit im gesamten Bereich der Zoologie herrschen soll, müsste dann den Löwen nicht eine vegetarische Lebensweise aufgezwungen werden? Das wäre erst recht menschliche Hybris und - auch moralisch - absurd! Na klar: Wir unterliegen alle dem Effekt, Tiere zu "anthropomorphieren", d.h. wir beurteilen sie intuitiv nach unseren menschlichen Maßstäben. Wenn wir im Discovery Channel eine Jagdszene zwischen Löwen und Gazellen sehen, halten wir "automatisch" zu den Gazellen. Aber daraus ist kein ethisches Prinzip abzuleiten. Die Biosphäre kommt ohne das Phänomen des Gefressen-Werdens nicht aus. Die Natur ist schön, und sie ist hässlich. Und wir räsonieren über diese Frage nur, weil wir mehr sind als Natur: weil uns die spezifisch menschliche Sphäre der Kultur von der Natur aufgezwungen wurde, indem uns die Instinkte abhanden kamen (deren künstlicher Ersatz eben die jeweilige Kultur ist). 5. Als Menschen können und müssen wir also moralische Entscheidungen treffen, z.B. zugunsten oder zuungunsten des Veganismus und des Anti-Speziesismus. Wir sind dann ABER auch für die Folgen verantwortlich. Und hier erweist sich der Rigorismus, mit dem Anti-SpeziesistInnen häufig vorgehen, als zweischneidig. Sie erkennen nicht, dass die von ihnen vorgenommene Egalisierung der Arten zwei Bewegungen beinhaltet. In demselben Vollzug, in dem Tiere ethisch auf die Ebene von Menschen gehoben werden, werden Menschen auf die Ebene von Tieren herabgedrückt.


Also werden die Ebenen getauscht?
Es gibt im Antispeziesismus keine Egalisierung der Arten, es gibt lediglich eine individuelle Betrachtung der Interessen und der Bedürfnisse.

Zitat: Es ist deshalb meiner Überzeugung nach kein Zufall, dass der Nestor des Antispeziesismus, der australische Philosoph Peter Singer, nicht nur das Recht von Tieren betont, nicht von Menschen getötet zu werden, sondern zugleich das Lebensrecht geistig behinderter Menschen relativiert. Die Auflösung einer festen ethischen Grenze zwischen den Spezies erweist sich als Voraussetzung der Etablierung von ethischen Grenzen innerhalb der Spezies. Die Bedingung der Möglichkeit politischer Gleichheit wird zersetzt. Dies sollte gerade von anarchistischer Seite aus mit aller Entschiedenheit bekämpft werden.


Die Ansichten Peter Singers hinsichtlich unserer moralischen Verantwortung gegenüber anderen Arten sind in der Tat äußerst umstritten, widersprüchlich und inkonsequent und werden daher zu Recht von der Mehrheit der Tierrechtsaktivisten verworfen. Bitte genauer recherchieren.

Zitat: Sehr instruktiv ist in diesem Zusammenhang auch die anti-speziesistische Kampagne, die die Pressure-Group PETA ("People for the Ethical Treatment of Animals") vor etwa fünf Jahren unter dem Titel "Der Holocaust auf Ihrem Teller" lancierte und die am 20. Februar 2009 vom Bundesverfassungsgericht verboten wurde. Auf Plakaten wurden Fotos von Häftlingen in Nazi-KZs und Fotos von Tieren in Massenhaltung nebeneinandergestellt. Zum Beispiel sieht man auf einem Plakat jüdische Kinder in Häftlingskleidung hinter Stacheldraht neben Ferkeln, die in einem Käfig zusammengepfercht sind. PETA und andere extremistische TierschützerInnen verteidigen diese Kampagne bis zum heutigen Tag. Ihnen fehlt jegliche Sensibilität dafür, dass es ein wichtiger Bestandteil des nationalsozialistischen Völkermords war, den Jüdinnen und Juden ihr Menschsein abzusprechen und sie diskursiv zu Tieren zu machen ("Ungeziefer" und dgl.). PETA dreht diese Schraube sogar noch etwas weiter: Für viele Angehörige des jüdischen Glaubens dürfte es keinen erniedrigenderen Vergleich geben als den mit Schweinen, den nach den mosaischen Gesetzen "unreinen" Tieren par excellence. Vielleicht wollte PETA mit ihrer Kampagne sagen: "Tiere sind ebensoviel wert wie Menschen." Aber sie haben zumindest auch gesagt: "Juden sind ebensoviel wert wie Schweine."


Wenn Sie Schweinen so wenig Wert zusprechen, ist das eine Folge Ihrer speziesistischen Konditionierung. Der inhärente Wert, den das Leben eines Schweins aufweist, hat rein gar nichts mit der rein menschlichen Einschätzung und Zuweisung von Wert zu tun. Wenn uns ein Schwein nicht mehr bedeutet als ein paar Schnitzel, wollen wir natürlich nicht auf dessen Ebene gestellt werden. Sehen wir jedes Tier jedoch als eigenständiges Individuum, als ein Wesen, dass mit genau der selben Berechtigung wie jeder Mensch auf diesem Planeten lebt, haben wir kein Problem mehr mit der Behauptung, ein Mensch sei ebensoviel wert wie ein Schwein.

Zitat: Das ist das Problem. Der Tierrechts-Fanatismus beschädigt den Kampf um Menschenrechte. Wer behauptet, Speziesismus sei genauso zu beurteilen wie Rassismus, verharmlost den Rassismus.


Diese Behauptung ist Unsinn. Beide Verhaltensstrukturen basieren auf der Diskriminierung aufgrund äußerlicher Merkmale, und beidesmal sind unschuldige Opfer zu beklagen, beim Speziesismus mehr, beim Rassismus weniger. Beide Probleme haben die selbe Wurzel. Rassisten kennzeichnen sich dadurch, dass sie das Kriterium „Rasse“ höher bewerten als das Kriterium „Interesse an Schmerzfreiheit“, was sich vor allem dann unglücklich auswirkt, wenn es im gegebenen Kontext um Schmerzfreiheit geht. Speziesisten geben analog dazu der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Art mehr Gewicht als dem gemeinsamen Interesse, physisch und psychisch unversehrt zu bleiben und ein selbstbestimmtes Leben zu führen.
Die Aussage, die Ausbeutung einer Gruppe würde die Ausbeutung einer anderen Gruppe verharmlosen, allein weil es sich bei den Opfern nicht um eine andere Rasse, sondern um eine andere Spezies handelt, ist nicht nachvollziehbar. Inwiefern wäre denn Ihrer Ansicht nach im Vergleich Sexismus anders zu beurteilen als Rassismus? Wird dadurch nun der Rassismus oder der Sexismus verharmlost? Und wenn wir Antisemitismus mit Heterosexismus vergleichen, wird damit der Kampf für die freie Religionswahl oder der für die rechtliche Gleichstellung von Homosexuellen beschädigt?
Beschuldigen Sie etwa auch die Abolitionisten, die durch ihren Aktivismus den Einsatz afrikanischer und amerikanischer Sklaven gesellschaftlich und politisch unmöglich gemacht haben, als Eingeborenenrechts-Fanatiker, die den Kampf um die Rechte der Weißen beschädigt haben?
Das Streben nach Verwirklichung von Tierrechten beinhaltet das Streben nach Verwirklichung von Menschenrechten.

Zitat: Wenn ich selbst, als Fleischesser vor meinem Teller, moralisch auf derselben Stufe stehen soll wie die Nazi-Schergen, wenn fast die gesamte Menschheit angeblich ununterbrochen das ultimative Menschheitsverbrechen wiederholt, dann sind sämtliche moralischen Maßstäbe zersetzt.


Warum? Weil das Schwein Borsten hatte und keine menschliche Haut? Weil die Nazischergen ihre Opfer nicht aufgegessen haben? Oder gar nur, weil sich die Mehrheit an der systematischen Ausbeutung beteiligt, wie Sie selbst feststellen? Könnte man nicht dagegenhalten, die Tierindustrie sei noch lebensverachtender als die NS-Vernichtungsmaschinerie, weil sie keinem Ende zustrebt, sondern sich ihre Opfer täglich tausendfach neu erschafft?

Zitat: Kein Wunder, dass sich der alte Gevatter Rassismus prompt durch die Hintertür bei PETA hereinschleicht, wo sie sich historische "Kronzeugen" aneignen. Zum Beispiel zitieren sie Theodor W. Adorno mit dem Satz: "Auschwitz fängt da an, wo einer im Schlachthof steht und sagt, es sind ja nur Tiere." Abgesehen davon, dass dieses Zitat etwas ganz anderes aussagt als die ethische Gleichwertigkeit aller Arten, fällt hier auf, dass Adorno als "jüdischer Philosoph und Soziologe" benannt wird; wohl um ihn eben als Kronzeugen gegen den Vorwurf des Antisemitismus aufzurufen. Die Bezeichnung entlarvt ihre VerwenderInnen aber im Gegenteil als Erben des rassistischen Antisemitismus.


Vergessen Sie PeTA. Diese Organisation dient einzig dazu, durch permanente Spendenaufrufe einen Ablasshandel mit dem schlechten Gewissen der Verbraucher zu betreiben. Die Hälfte der Mitglieder lebt nicht einmal vegetarisch (geschweige denn vegan). PeTA haben mit Antispeziesismus so viel zu tun wie der Vatikan mit neuartigen Verhütungsmethoden. Bitte nächstes Mal genauer recherchieren.

Zitat: Adorno hatte wohl jüdische Vorfahren, aber er bekannte sich nicht zu dieser Religion. Er war deutscher Philosoph und Soziologe. Philosophisch vertrat er die "Kritische Theorie", die man wissenssoziologisch mit den jüdisch-assimilierten Elternhäusern vieler ihrer Vertreter in Verbindung bringen, aber ganz bestimmt nicht auf das religiöse Etikett "jüdisch" zusammenschnurren lassen kann. "Jüdisch" war Adorno allerdings nach den rassistischen Kriterien der Nazis, deren "Führer" übrigens überzeugter Vegetarier war (was hier nur erwähnt sei, um auch von dieser Seite her zu verdeutlichen, dass der Verzicht auf Fleischkonsum nicht automatisch Gewähr für eine überlegene Moral gibt. Und man lese das zum Brüllen alberne zwölfte Kapitel von "Mein Kampf", um zu entdecken, dass der Rassist Hitler den Unterschied zwischen "Rassen" und "Arten" nicht verstanden hatte).


Selbstverständlich bedeutet die Ablehnung des Verzehrs von Tierkadavern nicht gleichzeitig moralische Perfektion. Trotzdem müssen wir fragen: Wer handelt moralisch „besser“: Der eine, der Tiere ausschließlich für sein eigenes Vergnügen töten lässt, oder der andere, der dies nicht tut?
Ich erspare mir einen Kommentar zur Frage, ob Hitler Vegetarier war oder nicht.

Zitat: Zusammenfassend: Die ethische Gleichsetzung von Tieren mit Menschen führt offensichtlich zu einer Relativierung oder Vernachlässigung der spezifischen zwischenmenschlichen Ethik; Die Ausblendung des besonderen kulturellen "Wesens" der Menschen führt dazu, dass man durch die Kulturgeschichte torkelt wie der Elefant durch den Porzellanladen; und der eigentlich lobenswerte Impuls, für die Rechte von Tieren einzutreten, mündet in "Barbarei" (um ebenfalls einen Begriff Adornos zu bemühen).


Ganz im Gegenteil: Erst die herabwürdigende Behandlung der Tiere, das tägliche Missbrauchen und Schlachten hat erst zu der Auffassung geführt, das Leben von Tieren sei von weniger Wert. Das Wort „Schwein“ gilt bei uns deshalb als Beleidigung, weil wir Schweine seit Jahrtausenden „wie Dreck“ behandeln, nicht weil sie relativ intelligente und reinliche Tiere sind. Die beliebte Taktik vieler Kriegsherren, die jeweiligen Feinde als Tiere (Affen, Schweine, Hunde) darzustellen und so die Hemmschwelle der eigenen Soldaten zu senken, die den Gegner also nicht als „gleichwertigen“ Menschen, sondern als „minderwertiges“ Tier sehen sollten, wäre ins Leere gelaufen, hätte der Mensch den TIeren von je her das gleiche Lebensrecht eingeräumt.

Zitat: Wenn wir uns auf dieser Grundlage einigen können, dann wäre erst die Debatte möglich, wie eine "ethische Behandlung von Tieren" denn aussehen könnte. Meiner Ansicht nach könnte das Ergebnis u.a. folgende Punkte beinhalten: Kein Tier darf absichtsvoll gequält werden (das gilt von der Fliege, der ein Kind die Flügel "zum Spaß" ausreißt, ebenso wie von der "gestopften" Gans). Die Frage, ob man z.B. Hauskatzen gewähren lassen sollte, wenn sie mit lebenden Mäusen einfach nur quälerisch "spielen", wäre noch zu diskutieren. Tiere dürfen nicht für Luxuszwecke gezüchtet, gehalten oder getötet werden (z.B. zur Gewinnung "kostbarer" Pelze oder für Zwecke der Kosmetik).


In Anbetracht der Tatsache, dass sämtliche tierischen Nahrungsmittel lediglich dem Genuss und nicht der Zufuhr essentieller Nährstoffe dienen, müssen Fleisch, Milch, Eier, Honig etc. definitiv als Luxus angesehen werden.

Zitat: Die Hürden für die Züchtung, Haltung und Tötung von Tieren für medizinische Zwecke müssen sehr hoch gelegt werden (aber ein solches Töten etc. kann in bestimmten Fällen gerechtfertigt sein). Die Grenze zwischen medizinischen und kosmetischen Zwecken wäre im Einzelfall noch zu diskutieren.


Wir Menschen haben keine Rechtfertigung dafür, Mitglieder einer anderen Spezies ausschließlich für unsere Zwecke zu benutzen. Ein Schimpanse ist immer unschuldig; ob der Mensch an Krebs leidet oder einen gefährlichen Kalkentferner entwickelt hat, hat nichts mit dem Schimpansen oder irgendeinem anderen nichtmenschlichen Tier zu tun. Die Unzuverlässigkeit der Ergebnisse ist inzwischen ausreichend belegt, und es stehen neuere Methoden zur Verfügung (z. B. Computersimulationen), die genauer und mit weniger Leid verbunden sind.

Zitat: Das Halten und Töten von Tieren zum Zwecke der Nahrungsaufnahme muss weltweit drastisch verringert werden.


Genau, und zwar auf Null. EIne andere „ethische Behandlung von Tieren“ ist nicht möglich. Oder sollten wir Mengenregelungen eingeführen, nach denen der Verzehr von 300 Gramm Fleisch pro Woche ethisch akzeptabel ist, 301 Gramm aber nicht mehr?

Zitat: Es gibt allerdings große Menschengruppen, vor allem in den früheren Kolonien, die ein Recht darauf haben, dass ihr Speisezettel einen größeren Anteil tierischer Eiweiße aufweist.


Wie bitte? Was für ein Recht soll das sein und worauf ist es begründet?

Zitat: Die Bedingungen, unter denen Tiere gehalten werden, die (oder deren Produkte) der menschlichen Ernährung dienen, müssen "artgerecht" nach dem jeweiligen Stand der biologischen Erkenntnisse sein. (Dass diese Maßstäbe nicht ein für allemal festgelegt werden können, zeigt z.B. die kürzlich gewonnene Einsicht, dass es bei der Hühnerhaltung weniger um die Möglichkeit des freien Auslaufs geht als um das Leben in Kleingruppen.)


Ein Tier zu halten ist per definitionem nicht artgerecht, geschweige denn es seines Geleges oder seiner Milch zu berauben oder es gar umzubringen.

Zitat: Bei allen Formen des Umgangs mit Tieren sind die weiteren ökologischen Zusammenhänge zu beachten. Wenn (wie geschehen) 200 Bio-Rinder den Laacher See zuscheißen und zu einem toten Gewässer machen, sollte einem auch das leckere Bio-Steak im Halse stecken bleiben.


Dazu kommt das tote Rind, das man gerade in sich hineinschiebt.

Zitat: Und immer muss beachtet werden, dass die Befolgung dieser Punkte wiederum soziale, d.h. zwischenmenschliche Konsequenzen hat. Wenn Fleisch dadurch so teuer wird, dass nur noch Reiche es sich leisten können, ist im Sinne einer freiheitlichen Politik ein Dilemma erwachsen. Flankierend (wenn nicht: zuvor) müsste also eine Aufhebung der Reichtumsunterschiede erkämpft werden.


Auch ein gutes Dilemma: Hochseeyachten sind so teuer, dass nur Reiche sie sich leisten können. Niemand braucht sie, aber wenn wir Gerechtigkeit wollen, soll jeder eine haben dürfen.

Zitat: Womit wir wieder im Bereich der Menschenrechte angekommen wären.


Oder bei den Tierrechten, wenn wir an der Wurzel ansetzen wollen.

Re: Graswurzelrevolution: Anti-Speziesismus? Schmeckt mir nicht!

Autor: Mesiu | Datum:
Fast vergessen: Argumentative Nonos meinerseits bitte aufzeigen, damit ich auch noch etwas lernen kann …

Re: Graswurzelrevolution: Anti-Speziesismus? Schmeckt mir nicht!

Autor: Achim Stößer | Datum:
> von Rüdiger Haude habe ich heute – mitsamt meinen Anmerkungen
> und Fragen an selbigen – wieder auf meiner Festplatte

... auf die er nicht reagiert hat, nehme ich an.

Warum müssen eigentlich diese ganzen Antiantispeziesisten immer und immer wieder den gleichen, dummen Sermon ablassen? Wo lassen sie "denken"? Denn daß sie alle alein auf den gleichen Unfug kommen (ohne zugleich auf die offensichtlichen und naheligenen Widerlegungen zu kommen) ist höchst unwahrscheinlich.

Bemerkenswert, daß sie ihre albernen Strohmannargumente dann auch gleich noch für höchst originell halten (vgl. http://antispe.de/txt/veganistnichtgenug.html. Mer persönlich wäre es ja peinlich, so viel Dummheit auch noch zu publizerien ...

> trotzdem interessant, wie das Konzept des Antispeziesismus
> von zumindest einem Autor, der für eine „gewaltfreie,
> herrschaftslose Gesellschaft“ schreibt, verstanden wird.

Naja, "Verstanden" hat er ja davon offensichlich kein Iota. Aber Du hast ja das ganze ausführlich dargelegt.

"Nonos" sind mir keine aufgefallen, nu ein paar Anmerkungen zu Deinen Antworten:

> Um das Missverständnis, auf dem Ihr Artikel beruht, gleich
> vorweg auszuräumen: „Ungleichbehandlung“ ist nicht das
> richtige Wort. Treffender wäre „Verleugnung von Interessen
> und Bedürfnissen“ oder „totale Ausbeutung zu wirtschaftlichen
> Zwecken“.

Treffender wäre (das hast Du unten auch ähnlich geschrieben) Antispeziesismus / Rassismus / Sexismus bedeutet nicht "Ungleichbehandlung", sondern Diskriminierung; nicht Wahlrecht für Quallen, Sonnencreme für Angehörige hinreichend stark pigmentierter ethnischer Gruppen oder Prostatakrebsvorsorgeuntersuchungen für Frauen.


> Wollen wir Fleisch essen, muss jemand dafür sterben, auch

Jein.


> Schweine; dass die Hälfte aller „Bio-Legehennen“ aufgrund
> ihres Geschlechts auch so schnell wie möglich erstickt oder
> zerhäckselt werden; dass „Bio-Milchkühen“ auch ihr Nachwuchs

Aller "Bio-Legehühner"; die hennen ahben ja das "richtige" Geschlecht, um vor dem Mord ein Jahr ausgebeutet zu werden.

> entrissen wird, der auch zu 50 Prozent männlich ist und somit
> für die Milchwirtschaft unrentabel; dass auch „Bio-Hühner“
> durch ständiges Wegnehmen des Geleges gezwungen werden, fast
> täglich ein neues Ei zu produzieren, was sich wiederum auf

Das Entfernen der Eier würde meiner Einschätzung nach die "Legeleistung" auf maximal 20 pro Jahr erhöhen, Hauptaspekt ist vielmehr die Qualzüchtung.


> „freilaufende“ Hennen sterben müssen, sobald ihr Futter mehr

Ihr Essen (oder "Futter" in Anführungszeichen).

> welchen Lebewesen wir kein unnötiges Leid zufügen dürfen,


Insgesamt argumentiert Du m.E. etwas zu pathozentrisch; Leidensfähigkeit ist ein hinreichendes, kein notwendges Kriterium. Zusätzlich sollte Interessensberücksichtigung allgemien in die Argumentation eingebracht werden.

> PETA dreht diese Schraube sogar noch etwas weiter: Für viele
> Angehörige des jüdischen Glaubens dürfte es keinen
> erniedrigenderen Vergleich geben als den mit Schweinen, den
> nach den mosaischen Gesetzen "unreinen" Tieren par
> excellence. Vielleicht wollte PETA mit ihrer Kampagne sagen:

Hier müßte er sich fragen lassen: Inwiefern sind religiöse Wahnvorstellungen ethisch relevant?

> Das ist das Problem. Der Tierrechts-Fanatismus
> beschädigt den Kampf um Menschenrechte. Wer behauptet,

"Menschenrechts-Fanatismus beschädigt den Kampf um Frauenrechte"?

Sollte er nicht in der Sexta hinreichende Kenntnisse in Biologie und Mengenlehre erhalten haben, um solchen Unfug peinlich zu finden?


> freie Religionswahl oder der für die rechtliche

Was hat "Religionswahl" damit zu tun?
> schlechten Gewissen der Verbraucher zu betreiben. Die Hälfte
> der Mitglieder lebt nicht einmal vegetarisch (geschweige denn
> vegan). PeTA haben mit Antispeziesismus so viel zu tun wie

Wie kommst u auf die Hälfte? Ich würde eher deutlich über 90 bis 100 minus Epsilon Prozent sagen.
> Ich erspare mir einen Kommentar zur Frage, ob Hitler
> Vegetarier war oder nicht.

Schade.


Achim

Re: Graswurzelrevolution / Neues Deutschland

Autor: Mesiu | Datum:
Danke Achim, für's Lesen und Kommentieren. Hilft mir weiter.

Haude hat selbstverständlich bis heute nicht reagiert.
Die Aussage über die Hälfte des PeTA-Mitgliederstamms kam von PeTA selbst. Nicht glaubhaft, aber dafür belegbar, und bezeichnend genug. Trotzdem hast du natürlich Recht …

Apropos gleicher Unfug, eine Rabea Vogelsang gibt sich im ND am 04.09.09 ebenfalls ganz ähnlich, (kritische) Leserbriefe werden aber auch hier weder veröffentlicht noch beantwortet:

Zitat: Wer Menschen und Tiere gleichermaßen als Individuen behandeln will, übergeht, dass nur Menschen sich gesellschaftlich und bewusst aufeinander beziehen können.


Zitat: Diese Fähigkeit ist wesentlich, sowohl für das Begreifen der heutigen falschen Verhältnisse, als auch für die Möglichkeit ihrer Überwindung. Der beliebte Einwand, dass es Menschen gibt, die dazu nicht in der Lage sind, trifft nicht. Denn auch für sie gilt immer noch, dass sie Menschen sind. Ganz einfach, weil sie von Menschen abstammen.


Zitat: Wie eine bessere Gesellschaft frei von den Zwängen der Profitmaximierung ihr Verhältnis zu Tieren gestaltet, lässt sich heute nicht klären. Aber sicher bringt uns Veganismus der befreiten Gesellschaft keinen Schritt näher. Im Gegenteil: Die Verwischung der Grenze zwischen Mensch und Tier führt in die Irre.



Link: http://www.neues-deutschland.de/artikel/155112.etwas-anderes-als-tierliebe.html
(Leider ist der Artikel inzwischen kostenpflichtig)

Re: Graswurzelrevolution / Neues Deutschland

Autor: martin | Datum:
Mesiu schrieb:
>
> Apropos gleicher Unfug, eine Rabea Vogelsang gibt sich im ND
> am 04.09.09 ebenfalls ganz ähnlich, (kritische) Leserbriefe
> werden aber auch hier weder veröffentlicht noch beantwortet:

Den Wisch habe ich übrigens tlw. hier kommentiert:
http://tierrechtsforen.de/1/7406/7470

Mehrheit der Peta-Mitglieder Mörder

Autor: Achim Stößer | Datum:
> Die Aussage über die Hälfte des PeTA-Mitgliederstamms kam von
> PeTA selbst. Nicht glaubhaft, aber dafür belegbar, und
> bezeichnend genug. Trotzdem hast du natürlich Recht …

Hast Du da eine zitierbare Quelle?

Achim

Re: Mehrheit der Peta-Mitglieder Mörder

Autor: Mesiu | Datum:
Die Zeitung OC Weekly zitiert (zumindest in ihrer Online-Ausgabe, siehe http://www.ocweekly.com/2003-07-31/features/how-to-stuff-a-lettuce-bikini/2 den „PeTA Senior Vice President“ Dan Mathews: „Half of our members are vegetarian and half think it's a good idea.“

Jedoch ist anzunehmen, dass sich Mathews hier lediglich auf die aktiven Mitarbeiter der Organisation bezieht und nicht auf die weitaus größere Zahl der passiven Mitglieder, die jedes Jahr ihren Beitrag überweisen und deren „Tierschutzengagement“ sich darin auch schon erschöpft.

Re: Graswurzelrevolution: Anti-Speziesismus? Schmeckt mir nicht!

Autor: martin | Datum:
Mesiu schrieb:
>
> von zumindest einem Autor, der für eine „gewaltfreie,
> herrschaftslose Gesellschaft“ schreibt, verstanden wird.

Nun, wie er darlegt hat er mit der Herrschaft über nichtmenschliche Tiere wenig Probleme.

> kommen als Jungbullenfleisch auf den Markt.

Einige Begriffe solltest du besser in Anführungszeichen setzen.

> Nach vier bis
> sechs Jahren geht die Milchleistung zurück und die Kuh wird
> zum Schlachthaus gefahren.

Im Groben ja, aber manche werden noch eher umgebracht. Einige der heuten "Turbo"-Kühe (d.h. die letzten Erfolge der absoluten Qualzucht) überstehen nur zwei Laktionsperioden, d.h. zwei bis drei Jahre.

> Sich ohne tierische Eiweiße zu ernähren, ist in der Tat sehr
> einfach. Anscheinend haben Sie sich bisher nur in der Theorie
> am Antispeziesismus versucht.

"versucht" ist etwas übertrieben ;)

>
Zitat: Das "gattungsgeschichtliche Erbe" weist uns wohl eher
> als Allesfresser mit einem gewissen Hang zum Aas aus. Aber
> insbesondere aus einer "anti-speziesistischen" Perspektive
> ist die Ablehnung des Verzehrs tierischer Eiweiße eigentlich
> überhaupt nicht zu rechtfertigen. Denn wenn wir Menschen mit
> anderen Tierarten moralisch auf derselben Ebene stehen, dann
> steht uns dasselbe "Recht" auf tierische Nahrung zu wie
> Löwen, Orcas, Bussarden oder Spinnen.

>
> Nichtmenschliche Tiere können auf gar keiner
> moralischen Ebene stehen. Wer das Verhalten von Löwen ethisch
> bewerten will, endet in einer Sackgasse. Kein
> ernstzunehmender Antispeziesist wird je ähnliches versuchen.

Jein. Ich würde sagen, es ist Unsinn menschliche Ethikvorstellungen auf nichtmenschliche Tiere zu übertragen. Ob diese überhaupt keine solchen haben, ist aber nicht eindeutig. Da sie Charakter aufweisen, können sich einige durchaus "falscher" im Verhältnis zu anderen verhalten. Für die Antispeziesismustheorie ist diese Frage (wie alle, die vom Verhalten nichtmenschlicher Tiere auf Menschen zu schließen versuchen) jedoch nebensächlich.

> „freilaufende“ Hennen sterben müssen, sobald ihr Futter mehr
> kostet als ihre Eier einbringen.

Bzw. ihre Legeleistung nachläßt (da sie umgebracht werden, wenn diese nachläßt; daß die Nahrung dann schon mehr kostet, muß nicht sein).

>
Zitat: 2. Tiere sollten Rechte haben. Weil und insoweit sie
> leidensfähig sind, müssen wir Menschen sie vor unnötigem Leid
> bewahren.


Als ob es "notwendiges Leid" gäbe...

>
Zitat: ABER es ist absurd zu behaupten, sie müssten
> dieselben Rechte genießen wie Menschen.


Hat auch niemand behauptet.

> Es gibt kein Merkmal, welches der Mensch als einzige Art
> besitzt und welches uns von allen anderen Arten eindeutig
> abheben würde.

Doch, deshalb: Es gibt kein (ethisch) relevantes Merkmal..

>
Zitat: Abgesehen davon möchte ich bemerken, dass jeder
> zoologischen Art ein "Speziesismus" zuzubilligen wäre: Ein
> Okapi oder eine Sardine wird ArtgenossInnen immer anders
> "bewerten" als Tiere anderer Arten, z.B. unter dem Kriterium
> der Sexualität.

>
> Analog dazu: Frauen bei einem Bodybuilding-Wettbewerb anders
> zu bewerten als Männer ist wohl noch kein Ausdruck von
> Sexismus.
> Die Bewertung anderer Individuen aufgrund relevanter
> (biologischer) Kriterien kann als realitätsbezogene Umsetzung
> der Signale gewertet werden, welche die Sinnesorgane liefern.
> Das ist wohl bei allen Arten durchaus legitim und mag im
> besten Fall sogar die Fortpflanzung sicherstellen.
> Speziesismus hingegen bezeichnet die Unterdrückung oder
> Ausbeutung anderer Individuen zu eigenen Zwecken anhand des
> willkürlichen Merkmals „Spezies“.

Wie gesagt: Manche nichtmenschliche TIere könnten in gewisser Hinsicht so etwas wie speziesistisch sein (das auch als "Gegenargument" benutzte STandardbeispiel ist das "Melken" von Blattläusen durch Ameisen), aber deren Verhalten hat eben keinerlei Relevanz für menschliche Ethik.

>
Zitat: 3. Evolutiv "hochentwickelte" Tiere, besonders
> Säugetiere (Affen, Hunde, Wale, womöglich Schweine) nähern
> sich in ihrem Verhalten und Empfinden vielleicht dem an, was
> man als Bewusstsein ansprechen kann. ABER auch hieraus lässt
> sich eine anti-speziesistische Position, welche die ethische
> Gleichheit aller Arten behauptet, gerade nicht begründen.
> Denn in der genannten Hinsicht unterscheiden sich
> verschiedene Tierarten radikal.


Weil sich die Arten in einem Merkmal unterscheiden, kann man es nicht als Begründung benutzen? Wie kommt man auf solch wirres Zeug? "Im Geschlecht unterscheiden sich Mann und Frau radikal, deshalb kann man darauf nicht den Antisexismus begründen."

>
Zitat: keinen Veganer, der angesichts z.B. einer Stechmücke, die
> sich gerade auf seinem Arm zwecks Nahrungsaufnahme
> niedergelassen hat, große Skrupel hätte zuzuschlagen.


Auch immer wieder zu beachten: ihre empirischen "Argumente". WElche absurden Gestalten er kennt, ist natürlich ein Kriterium, von dem man auf alle andere schließen kann..

>
Zitat: behaupten die Anti-SpeziesistInnen eine prinzipielle ethische
> Gleichheit in der gesamten Tierwelt - und ziehen auch damit
> wieder eine willkürliche Grenze zwischen Arten.


Weder betrifft es die "gesamte Tierwelt" noch wird überhaupt eine Grenze gezogen.

> ist moralisch von Übel. Ich als mitteleuropäischer Mensch
> kann vorzüglich überleben, ohne Austern oder Orang-Utans
> (oder Menschen oder Schweinen) Leid zuzufügen.

Wie Achim schon sagte: zu pathozentrisch. Ob einige niedriger entwickelten Tiere wirklich Leidensfähigkeit haben, wissen wir nicht. Der Punkt ist aber, daß man auch wunderbar leben kann, ohne sie umzubringen.

> Antispeziesismus bedeutet, nicht die biologischen
> Unterschiede als Begründung für diese oder jene Behandlung
> anzuführen, sondern eine Abwägung der Interessen
> vorzunehemen.

"abwägen" finde ich nicht die beste Wahl, evt.: sondern relevante Interessen angemessen zu berücksichtigen. (Das Interesse des Schweines an Weiterexistenz muß an sich berücksichtigt werden, das Abwägen im Konflikfall mit den Interessen anderer ist die zweite Stufe.)

>
Zitat: Wenn moralische Gleichheit im gesamten Bereich der
> Zoologie herrschen soll,


Was muß man geraucht haben, um auf solchen Unsinn zu kommen?

> Die Ansichten Peter Singers hinsichtlich unserer moralischen
> Verantwortung gegenüber anderen Arten sind in der Tat äußerst
> umstritten, widersprüchlich und inkonsequent und werden daher
> zu Recht von der Mehrheit der Tierrechtsaktivisten verworfen.

Nicht nur der Mehrheit, sondern von allen, die ernsthaft als Tierrechtler gesehen werden wollen.

> Ebene gestellt werden. Sehen wir jedes Tier jedoch als
> eigenständiges Individuum, als ein Wesen, dass mit genau der
> selben Berechtigung wie jeder Mensch auf diesem Planeten
> lebt, haben wir kein Problem mehr mit der Behauptung, ein
> Mensch sei ebensoviel wert wie ein Schwein.

Das ist der wichtigste Punkt: durch die Analogie werden keine Menschen zu "Tieren abgewertet", sondern NMT bzgl. der ethischen Berücksichtigung zu Menschen aufgewertet. Die Antiveganismusapologeten verdrehen das gerne. (Das die Peta-Kampagne, wie alles, was Peta macht, scheiße war, ist davon unabhängig.)

>
Zitat: Die Frage, ob man z.B. Hauskatzen
> gewähren lassen sollte, wenn sie mit lebenden Mäusen einfach
> nur quälerisch "spielen", wäre noch zu diskutieren.


Warum? Mit etwas Nachdenken kommt man wohl selbst zur Antwort.

> Wir Menschen haben keine Rechtfertigung dafür, Mitglieder
> einer anderen Spezies ausschließlich für unsere Zwecke zu
> benutzen.

Das ist gegen Tierversuche das HAuptargument, denn...

> Die
> Unzuverlässigkeit der Ergebnisse ist inzwischen ausreichend
> belegt, und es stehen neuere Methoden zur Verfügung (z. B.
> Computersimulationen), die genauer und mit weniger Leid
> verbunden sind.

...das ist zwar richtig, trifft aber nicht immer zu. Z.B. wären Menschenversuche sehr nützlich für die Erforschung menschlicher Krankheiten (so etwas wurde früher mit Waisenkindern oder Obdachlosen gemacht) oder das Sezieren von Tieren ist für die Veterinärmedizin auch nicht nutzlos oder wirklich eins zu eins ersetzbar, aber eben in jedem Fall unethisch (so werden für die Humanmedizin schließlich auch nur Leichen freiwilliger Spender benutzt).

andere Replik

Autor: martin | Datum:
Eine andere Replik wurde inzwischen abgedruckt und ist auch online zu finden:

Zitat: graswurzelrevolution 343, November 2009
für eine gewaltfreie, herrschaftslose gesellschaft

Die Geschmacklosigkeit des guten Geschmacks
Eine Replik auf: "Anti-Speziesismus? Schmeckt mir nicht!", Artikel von Rüdiger Haude, in: GWR 340, Sommer 2009 (*)

Von Tim Kröger

Als Beitrag zur Diskussion um Tierrechte erschien in der GWR Nr. 340 Rüdiger Haudes Artikel "Anti-Speziesismus? Schmeckt mir nicht!" (http//www.graswurzel.net/340/tierrechte.shtml). In GWR 341 und GWR 342 haben wir mehrere Leserinnenbriefe dazu dokumentiert sowie in den Libertären Buchseiten (GWR 342) eine an die Diskussion anknüpfende Rezension von Sal Macis zu dem Buch "Das steinerne Herz der Unendlichkeit erweichen. Beiträge zu einer kritischen Theorie für die Befreiung der Tiere" veröffentlicht. Diesmal drucken wir Tim Krögers Antwort auf Rüdiger Haudes Artikel.
(GWR-Red.)


Die kritische Reflexion des Mensch-Tier-Verhältnisses ist keine Frage des kulinarischen Geschmacks, sondern der gesellschaftlichen Vermittlung konkreter Individuen unter waren- und rechtsförmigen Verhältnissen. KonsumentInnen lernen Tiere meist als ersetzbare, fachgerecht zerlegte Abpackware im Supermarkt kennen, die sie in einem konditionierten Waren- und Rechtsgeschäft legal aneignen und bald verzehren. Keine Gedanken werden an jene Gewalt verschwendet, die dem tierischen Individuum die Einzigartigkeit seiner Empfindungen absprach.

Die gewaltförmigen Produktionsbedingungen reflektiert der Veganismus unter weitgehender individueller Verweigerung der Tiernutzung, ohne jedoch die besondere gesellschaftliche Vermittlung anzutasten. Die Geschichte der Tiernutzung ist weit älter als jene des Kapitalismus, gleichsam ist dieser zur Bedingung der Ausbeutung von Tieren geworden. Veganismus ist ein Privileg des Wohlstands, daher wäre es absurd, die Moralität derer einzuklagen, die am Hungertuch nagen oder denen der Zugang zu entsprechenden Nahrungsquellen verwehrt bleibt. Die Befreiung der Tiere ist notwendig an die Befreiung der Menschen geknüpft.

Veganismus ist keine Befreiung der Tiere, aber die Bedingung ihrer Möglichkeit. Wenn das Wohl dem Leid, die Freiheit der Gefangenschaft und das Leben dem Tod vorzuziehen ist, dann ist jede Kritik an der Befreiung der Tiere zynisch. Befreiung wendet sich indes nicht an die Tiere, sondern an ihre Schlächter. Sie bedeutet hierbei lediglich, etwas nicht zu tun, also nicht zu nutzen, nicht zu quälen, nicht zu töten. Wenn Rüdiger Haude die Nutzung von Tieren prinzipiell beibehalten möchte, bezieht er eindeutig Position gegen die Idee der Tierbefreiung, auch oder gerade wenn er von einer "Humanisierung" der Tiervernutzung träumt.

Die Nutzbarkeit der Tiere begründet sich nicht in ihrem Sein, sondern im Bewusstsein der Menschen. Leid oder Hätschelei erfahren Tiere je nach verurteilter Nutzenkategorie, indem sie als Haus-, Streichel-, Milch-Lege-, Schlacht- oder Versuchstier ein dumpfes Dasein fristen oder im Zoo und Zirkus dem närrisch-glotzenden Publikum zur Schau gestellt werden. Es entbehrt nicht einer gewissen Schizophrenie, wenn der Tod des geliebten Haustiers zur herzzerbrechenden Tragödie stilisiert wird, während jener des austauschbaren Exemplars im Schlachthaus als rationale Notwendigkeit beschönigt wird; wenn der moralische Zeigefinger auf die vermeintlich fremde Kultur zeigt, die hier den Verzehr von Hunden oder Katzen und dort jenen von Rindern oder Schweinen als barbarisch verurteilt; wenn Tierversuche sich dadurch legitimieren, dass Tiere dem Menschen so ähnlich sind und folglich die Resultate auf den Menschen übertragbar seien, aber zugleich kategorial anders, um moralische Bedenken zu ersticken.

Der Begriff des (Anti-)Speziesismus ist insofern eine zweifelhafte Kategorie, als dem biologischen Begriff der Spezies eine Konstruktion zugrunde liegt, die sich nicht auf Tiere und Menschen beschränkt. In der Konsequenz mündet der Begriff im Biozentrismus, der alle Lebewesen unabhängig von ihrer Leidensfähigkeit gleichermaßen berücksichtigen und deshalb scheitern muss. Vielmehr liegt die Wurzel des gewaltsamen Mensch-Tier-Verhältnisses im Anthropozentrismus, wonach der Mensch das Maß aller Dinge ist. In dieser Tradition sieht sich Haude, der vom "unsäglichen Leiden unzählbarer Tiere" plaudert, nur um absurd niedrige Preise von Tierprodukten rührselig zu beklagen, die auf Kosten der Qualität gingen - nicht der Lebensqualität unverwechselbarer, leidensfähiger Individuen, sondern der Qualität austauschbarer Exemplare unter warenförmiger Zu- und Hinrichtung.

Haude behauptet ferner, eine vegane Ernährung käme in der "Kulturgeschichte der Menschheit kaum vor", da das "gattungsgeschichtliche Erbe [...] uns wohl eher als Allesfresser mit einem gewissen Hang zum Aas" ausweise. Die Ausbeutung von Tieren ist keine "anthropologische Rahmenbedingung". Was sich als historische Analyse feiert, ist die deterministische Aufhebung von Geschichte. Weil etwas irgendwie ist oder immer war, muss es nicht für alle Ewigkeit so sein. Geschichtlichkeit bedeutete vielmehr, die Dinge als geworden und damit vergänglich zu begreifen. Auch die beste aller möglichen Welten konnte sich in der Kulturgeschichte der Menschheit noch nicht entfalten - kein Grund, sie nicht anzustreben.

Peter Singers utilitaristische Rechenhaftigkeit und der Populismus von PETA sind für die Tierbefreiungsidee so wenig repräsentativ wie der ekelhafte Chauvinismus und Antisemitismus Proudhons für die Idee des Anarchismus. Wenn die Argumentation versagt, hat Haude noch den Joker in der untersten Schublade: Hitler war Vegetarier!

Damit ist die emanzipatorische Idee diskreditiert. Auf diesen Schreck sollten VeganerInnen nun endlich aufhören, am Möhrchen zu knabbern, und ihrer "ethischen Verwahrlosung" inne werden.

Der Holocaust-Vergleich ist indes eine Scheußlichkeit, die zuweilen mittels antisemitischer Stereotype legitimiert wird, wie etwa, dass es Juden wie Isaac B. Singer waren, die durch Aussagen wie "Für die Tiere ist jeden Tag Treblinka" die Shoa entkontextualisierten, enthistorisierten und relativierten. Das erinnert an jene antisemitische Hetze, die sich durch einzelne Fälle jüdischen Selbsthasses legitimierte, denn wenn es der Jude selbst sagt, dann müsse es wohl stimmen. Die notwendige Kritik an dieser Identifikation der Verbrechen verfehlt aber das Problem, insofern der Skandal des Vergleichs im überragenden Wert des Menschen gegenüber Tieren gesehen wird. So schließt Haude, dass "Menschen auf die Ebene von Tieren herabgedrückt" würden, insofern Tiere "auf die Ebene von Menschen gehoben werden". Hier wird Moral als jenes Verhältnis missverstanden, das den ideellen Wertzuwachs auf der einen Seite als Wertverlust auf der anderen Seite verbucht. Wert und Würde leiten sich etymologisch von "wenden" ab und bedeuten "gegen etwas gewendet" im Sinne von "einen Gegenwert habend". Sie sind das abschätzende Verhältnis, das selbstständige Größe setzt.

Daher fällt der Einwand Haudes gegen die Kritik des "Nullsummenspiels", er habe nur von Relationen und nicht von Summen gesprochen, auf ihn selbst zurück. Der Idee der Tierbefreiung ginge es nicht um Auf- oder Abwertung, sondern um die prinzipielle Kritik des wertförmigen Denkens. Der Skandal des Holocaust-Vergleichs liegt vielmehr in jener relativierenden Identifikation, die unterstellt, dass sowohl die Shoa als auch der industrialisierte Tierverbrauch relativ auf das Andere und damit irrelevant an sich selbst seien. Die Erinnerung wird aus dem historischen Kontext gerissen und entfremdet, wenn die PETA-Kampagne "Holocaust on your plate" die Schrecken der Shoa auf populistischen Reklametafeln instrumentalisiert. In der Kulturindustrie hat alles nur eine Qualität, sofern man es eintauschen kann, nicht sofern es selbst etwas ist.

Das folgende Zitat ist übrigens höchstwahrscheinlich nicht von Adorno: "Auschwitz fängt da an, wo einer im Schlachthof steht und sagt, es sind ja nur Tiere." Es sollte nicht nur HistorikerInnen skeptisch machen, wenn sich Aussprüche ohne Quellenangaben hartnäckig verbreiten. Von Adorno kommt hingegen: "Der Trotz, mit dem er [der Mensch, der ein tödlich verwundetes Tier erblickt] diesen Blick von sich schiebt - 'es ist ja bloß ein Tier' - wiederholt sich unaufhaltsam in den Grausamkeiten an Menschen, in denen die Täter das 'Nur ein Tier' sich immer wieder bestätigen müssen, weil sie es schon am Tier nie ganz glauben konnten." (Adorno, MM, 2003, S. 118) Gerade deshalb ist Haudes Annahme falsch, wonach die ethische Grenze zwischen Menschen und Tieren vor ethischen Grenzen zwischen den Menschen schütze. Adorno als dezidiert deutschen Philosophen gegen den jüdischen Philosophen Adorno auszuspielen, verursacht indes hartnäckiges Fremdschämen. Ist die Rückkehr Adornos ins postnazistische Deutschland seiner deutschnationalen Gesinnung geschuldet? Floß bei all seiner Kritik der Nation doch irgendwie deutsches Blut durch seine Adern? Oder zieht Haude kulturnationalistische Gründe zu Rate, für einen Menschen, der in Auschwitz das Ende von Kultur erblickte?

"Die Besonderheit der menschlichen Kulturhaftigkeit" (Haude) ist kaum zu leugnen. Aber welche Kultur meinen wir? Die Kultur des Schlachthofs, die Kultur des Patriarchats, die Kultur des Rassismus, die Kultur des Kapitalismus oder gar die Kultur, die Auschwitz möglich machte? Eine Kultur, auf die sich berufen ließe, wäre erst noch zu erschaffen.

Der Mensch ist besonders, weil er die Wahl hat, andere Tiere moralisch zu berücksichtigen, also berücksichtigt er sie nicht. Nur in der Unterscheidung vom Tier kann sich der Mensch definieren, wenn er mit dessen Unvernunft seine Würde beteuert (vgl. Horkheimer/Adorno, DdA, 2001, S. 262). Die Tierbefreiungsidee will keinesfalls "eine Auster und einen Orang-Utan auf dieselbe Stufe" stellen. Die Kritik des Anthropozentrismus sensibilisiert dafür, dass die strikte Grenze zwischen Mensch und Tier eine Konstruktion ist, die jene Differenz zwischen Auster und Orang-Utan als tierliche Identität einebnet und den feinen Unterschied im Reich der Primaten als Wächter eines tiefen Grabens betont.

Tiere sollten Rechte haben"? Die Forderung nach Tierrechten ist absurd. Die Ideologie der Rechtsform kann Tiere nicht als moralische Objekte anerkennen, weil einerseits das Recht nicht moralisch ist und andererseits Tiere keine Rechtssubjekte werden können, die das Wesen des Rechts verinnerlichen: Berechtigung fordert immer zugleich die Verpflichtung ein: Daher wird, wo niemand "einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schaden zufügen" dürfe (§ 1 Tierschutzgesetz vom 18. Mai 2006, Dt.), nachgerade jede Scheußlichkeit als vernünftiger Grund verwaltet.

Auch Menschenrechte sind nicht Zeichen der Emanzipation, vielmehr spiegelt ihre Notwendigkeit irrationale Verhältnisse wider. Der Forderung nach "artgerechter" Tierhaltung kann nur entgegnet werden, dass "artgerecht" allein die Freiheit ist, das gilt für Menschen wie für andere Tiere. Moral setzt die Freiheit der Entscheidung voraus. Insofern verfehlt der ethische Diskurs das Wesen der Moral, wenn er aus der Not widerstreitender Handlungsperspektiven eine Tugend für ethische Grenzfälle ableiten möchte. Die Ausbeutung der Tiere ist jedoch keine notwendige Bedingung der menschlichen Existenz.

Wenn wir in keinem ethischen Dilemma stecken, in dem das Tier sterben muss, damit der Mensch überlebt, stehen wir vielmehr vor der Wahl zwischen Tod oder Leben, Leid oder Lust der Tiere.

Wie entscheiden wir uns?

(http://www.schattenblick.de/infopool/medien/altern/gras1047.html)

Anmerkungen

Autor: martin | Datum:
Dem kann man im Großen und Ganzen zustimmen, bis auf folgende Details.

> Veganismus
> ist ein Privileg des Wohlstands, daher wäre es absurd, die
> Moralität derer einzuklagen, die am Hungertuch nagen oder
> denen der Zugang zu entsprechenden Nahrungsquellen verwehrt
> bleibt.

Veganismus ist keineswegs ein Wohlstandsphänomen, sondern der Konsum der enormen Mengen von Tierprodukten ist es. Hier ein FAQ-Auszug:
Zitat: Es ist nämlich gerade die vom durchschnittlichen Normalesser praktizierte Ernährung, die man als Wohlstandsernährung bezeichnen muß. Denn diese Riesenauswahl an auf Tierausbeutung basierenden Nahrungsmitteln, die man in den Supermärkten findet, ist ökonomisch gesehen eine gigantische Verschwendung von Ressourcen, da mehrere Kilogramm pflanzliche Nahrungsmittel wie Soja oder Getreide nötig sind, um ein Kilogramm "Fleisch" oder einen Liter Milch zu produzieren (von den Tierrechten an dieser Stelle einmal ganz abgesehen). Und gerade eine solche Ressourcenverschwendung ist nur in einer Gesellschaft möglich, in der extremer Wohlstand herrscht. Für eine vegane Ernährung wäre dieser Wohlstand keineswegs Voraussetzung, da die pflanzlichen Nahrungsmittel eben ohne diesen verschwenderischen Umweg der "Veredelung" verspeist werden (wovon dann auch sehr viel mehr Menschen ernährt werden könnten).

Es ist also genau umgekehrt: nicht die Veganer, die vieles vermeiden, was andere essen, sind die "verwöhnten Wohlstandskinder", sondern die Durchschnittsesser, die alles haben und auf nichts "verzichten" wollen, egal wie viele Ressourcen dafür verschwendet werden, egal wie sehr die Umwelt dafür zerstört wird und natürlich erst recht egal, wie viele Tiere dafür leiden und sterben müssen.

(http://veganismus.de/vegan/faq-rechtfertigungsversuche.html#wohlstandskinder)

Auch Menschen in der sog. Dritten Welt würden sich wesentlich besser versorgen können, wenn sie ihre pflanzlichen Nahrungsmittel genauso direkt konsumieren, statt Tieren als Nahrung geben würden. Die wenigen Fälle, wo das nicht möglich ist (Nomaden usw.), machen einen so kleinen Anteil an der Weltbevölkerung aus, daß es kein Problem gibt, wenn sie die landwirtschaftlich unnutzbaren Gebiete verlassen und sich in geeigneten Gebieten am Ackerbau beteiligen.

> Der Begriff des (Anti-)Speziesismus ist insofern eine
> zweifelhafte Kategorie, als dem biologischen Begriff der
> Spezies eine Konstruktion zugrunde liegt, die sich nicht auf
> Tiere und Menschen beschränkt. In der Konsequenz mündet der
> Begriff im Biozentrismus, der alle Lebewesen unabhängig von
> ihrer Leidensfähigkeit gleichermaßen berücksichtigen und
> deshalb scheitern muss.

Rein theoretisch ist das richtig, aber die Sprachverwendung weicht hier (wie bei unzähligen anderen Begriffen auch) eben von der engen Definition ab; das ist kein Makel. Von Speziesismus zu sprechen und dabei "nur" den Speziesismus gegenüber ethisch relevanten Individuen zu meinen, ist dennoch sinnvoll. Genauso wie von "Tierrechten" zu sprechen, auch wenn es rein definitorisch auch Tiere gibt, die nicht miteinbezogen werden.
Es braucht also weniger nochmals neue Begriffe, sondern jeweils eine eindeutige Definition bzw. ordentliche Erklärung, mit der Mißverständnisse vermieden werden.

> Die Forderung nach Tierrechten
> ist absurd. Die Ideologie der Rechtsform kann Tiere nicht als
> moralische Objekte anerkennen, weil einerseits das Recht
> nicht moralisch ist und andererseits Tiere keine
> Rechtssubjekte werden können, die das Wesen des Rechts
> verinnerlichen: Berechtigung fordert immer zugleich die
> Verpflichtung ein

Das ist falsch. Man muß schon unter den Menschen nicht lange suchen, um Subjekte zu finden, die Rechtsstatus genießen, obwohl sie weder rechtliche Pflichten erfüllen können, noch das Recht überhaupt wahrnehmen oder verstehen (z.B. Kleinkinder). Wer welche Rechte zugestanden bekommt, ergibt sich aus der gesellschaftlichen Übereinkunft, nicht aus den Fähigkeiten der Subjekte.