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Der schmale Grad zwischen Menschen und anderen Affen

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Der schmale Grad zwischen Menschen und anderen Affen

Autor: martin | Datum:
"Anthropologische Differenz" nennt man den Unterschied zwischen Menschen und anderen Tieren. Sie wurde mit der Zeit immer weiter eingeschränkt: ganz früher hieß es, Menschen seien von Gott geschaffen, "Tiere" nicht. Das hat sich mit der Evolutionstheorie erledigt: Menschen sind Tiere und gehören zu den Menschenaffen. Die weiteren Merkmale - nur Menschen haben: Sprache, Bewusstsein, Selbstbewusstsein, Zukunftsbewusstsein, Selbsterkenntnisvermögen, Reflexionsvermögen usw. - wurden seitdem durch zahlreiche ethologische und neurologische Studien widerlegt. Die Fähigkeiten des Menschen sind in der Natur nicht einzigartig.

Das ist auch der Thema der Sendung Wie menschlich sind Menschenaffen?. Weitere als nur dem Menschen zustehenden Fähigkeiten wurde in jüngerer Zeit bei Affen nachgewiesen: Emotionalität, Kultur und kulturelle Vererbung, Werkzeuggebrauch, Planen und Agieren in Gruppen und schließlich - was die letzten Zweifel, ob Menschen und Affen verwandt seien überzeugen dürften - das Führen von Kriegen.

Zitat: Menschen nutzen Werkzeuge, entwickeln Kulturen, planen ihr Handeln, führen Kriege und zeigen Mitgefühl. All dies unterscheidet die Menschen von den Tieren. Doch wie ist es mit unseren nächsten Verwandten – den Menschenaffen? Wie ähnlich sind sie uns in ihrem Verhalten? Um diese Frage zu klären, müssen Menschenaffen in ihrer natürlichen Umgebung beobachtet werden. Anfang der 1960er-Jahre sandte der Paläontologe Louis Leakey drei Forscherinnen in den afrikanischen und südostasiatischen Urwald: Jane Goodall nach Tansania zu den Schimpansen, Diane Fossey nach Uganda zu den Berggorillas und Birute Galdikas nach Borneo zu den Orang-Utans. Die Wissenschaftlerinnen sollten herausfinden, wie sich die nächsten Verwandten des Menschen in freier Wildbahn verhalten. Den drei Frauen gelangen bei ihren Langzeitbeobachtungen bis dahin ungekannte Einblicke in das Verhalten der Menschenaffen. Seitdem entdecken Verhaltensforscher immer wieder neue Verhaltensformen, die nur einen Schluss zulassen. Schimpansen, Bonobos, Gorillas und Orang-Utans sind viel menschlicher als früher angenommen.


Menschenaffen zeigen Mitgefühl

Das Schimpansenmännchen Zyon hat den siebenjährigen Cuba adoptiertWenn ein Mensch einem anderen Menschen hilft, gilt das als Zeichen für Mitgefühl. Doch wie soll die gleiche Handlungsweise bei den Menschenaffen bewertet werden? Ist es ein Beweis für ihre Menschlichkeit? Tatsache ist, dass Forscher des Max-Planck-Instituts (MPI) für evolutionäre Anthropologie im Nationalpark Tai (Elfenbeinküste, Westafrika) beobachtet haben, dass erwachsene Schimpansen verwaiste Jungtiere adoptieren. Besonders erstaunlich ist, dass nicht nur Schimpansenweibchen die Adoptivmutterschaft übernehmen, sondern auch Männchen. Es kann sich also nicht um ein instinktives Verhalten handeln, wie es möglicherweise bei Weibchen der Fall wäre. Den Wissenschaftlern bleibt nur eine Erklärung: Die Schimpansen zeigen Mitgefühl.


Menschenaffen nutzen Werkzeug

Der Schimpanse hat den Stock extra für das Pulen in Nüssen zurechtgestutztDer Gebrauch von Werkzeugen galt lange Zeit als die menschliche Besonderheit schlechthin. Mittlerweile haben genaue Beobachtungen in der Wildnis gezeigt, dass auch Menschenaffen Werkzeuge benutzen. Zum Beispiel verwenden Schimpansen Zweige, die sie je nach Gebrauch zurechtstutzen: kurze Zweige für das Mark der Nüsse und lange, um Ameisen zu angeln. Die Vorbereitung des Werkzeugs deutet darauf hin, dass die Schimpansen eine Vorstellung davon haben, was sie mit dem Werkzeug anfangen wollen. Auch benutzen sie Steine und Holzstücke, um Nüsse zu knacken. Gorillas können gezielt mit Steinen werfen und Orang-Utans bauen sich aus Blättern Regenschirme.


Menschenaffen entwickeln Kulturen

Schimpansengruppen im Nationalpark Tai entwickeln unabhängig von anderen Gruppen verschiedene „Nussknacker“-KulturenKultur bedeutet vereinfacht, dass erlerntes Wissen von einer Generation an die andere weitergegeben wird. So entstehen Sitten und Gebräuche, die für den jeweiligen Kulturkreis typisch sind. Genau dieses wurde bei verschiedenen Schimpansengruppen, die räumlich getrennt leben, beobachtet. Die Schimpansengruppen entwickelten unabhängig voneinander unterschiedliche Arten, Nüsse zu knacken. Diese "Nussknackerkultur" wird innerhalb der Gruppe von Generation zu Generation weitergeben. Die Leipziger Forscher beobachteten auch, dass Bonobos bestimmte Blätter als Medikament nutzen. Sie kauen sie nur dann, wenn sie ihren Darm von Parasiten befreien möchten. Auch hier ist es wahrscheinlich, dass das Wissen um die positive Wirkung von Generation zu Generation weitergegeben wird.


Menschenaffen planen ihr Handeln

Kleines Geschenk – großer Erfolg: Für Fleisch gibt es mehr SexSchimpansen und Bonobos jagen andere Affen und Tiere. Während die einen das Opfer in den Bäumen verfolgen, schneiden die anderen den Fluchtweg am Boden ab. Ist die Beute gefasst, teilen sie die Jäger untereinander auf. Ihr Vorgehen lässt nur einen Schluss zu: Sie gehen planvoll vor und koordinieren ihre Jagd untereinander. Doch die Voraussicht der Menschenaffen geht noch weiter, wie die Forscher Cristina Gomes und Christophe Boesch vom MPI für evolutionäre Anthropologie im Tai-Nationalpark beobachtet haben. Demnach haben Schimpansenmännchen bei den Weibchen sexuell besonders viel Erfolg, wenn sie ihnen Fleisch geschenkt haben.


Menschenaffen führen Kriege

Treffen fremde Schimpansengruppen aufeinander, gibt es StreitTreffen Schimpansengruppen aufeinander, kommt es immer wieder zu extrem heftigen Auseinandersetzungen zwischen den Gruppen. Gelingt es einer Gruppe einen Fremdling zu isolieren, so endet das für das Tier in der Regel tödlich. Die Opfer werden manchmal sogar verspeist. In Uganda wurde beobachtet, dass eine Gruppe von Schimpansen das Gebiet einer anderen Schimpansengruppe angreift. Die Schimpansen greifen also gemeinsam fremde "Territorien" an und verteidigen ihre eigenen gegen fremde Schimpansen. Sie führen somit regelrecht Krieg gegeneinander. Was genau hinter dieser Aggressivität steckt, ist noch nicht geklärt. Allerdings weiß man das beim Menschen auch nicht. Es bleibt nur der Schluss, dass es praktisch kein menschliches Verhalten gibt, das nicht auch bei den Menschenaffen beobachtet werden kann. Für die Philosophen Paola Cavalieri und Peter Singer gehen die biologischen und sozialen Gemeinsamkeiten sogar so weit, dass sie Menschenrechte für die Menschenaffen fordern. Immerhin folgte die spanische Regierung ihrem Aufruf und plant, Menschenaffen ähnliche Grundrechte einzuräumen wie Menschen.


Autor: Hilmar Liebsch

Stand: 06.10.2009

(wdr.de/tv/quarks/sendungsbeitraege/2010/0803/001_affe.jsp)

Sonst besteht die Sendung aus Intelligenz-Tests und -Vergleichen. Das Ergebnis: Menschen sind nicht unbedingt intelligenter, sondern ihre Intelligenz hat sich nur auf eine bestimmte Weise spezialisiert.

Ob übrigens die Dominanz des Menschen über die Erde auf seine besondere Intelligenz schließen lasse, ist fraglich, wenn man bedenkt, wie diese Dominanz ausgeübt wird.

Es wäre Zeit, Affen und andere Tiere auch entsprechend ihrer Fähigkeiten zu berücksichtigen - dazu gehört, dass man sie nicht im Studio vorführt oder im Zoo einsperrt. Die Ähnlichkeit darf dabei nicht zu Fehlschlüssen verleiten. Affen sollten nicht deshalb entsprechend ihrer Interessen behandelt werden, weil sie besonders menschlich sind (wie Neuspeziesisten meinen). Sondern entsprechend ihrer Fähigkeit, Interessen zu haben - was auch für alle anderen Tiere, die ein Bewusstsein und damit Interessen haben, gelten muss.